Autor Thema: Mädchen mit Taube  (Gelesen 1156 mal)

gummibaum

Mädchen mit Taube
« am: Juli 13, 2020, 15:05:04 »
Ein Mädchen trägt vor seiner Brust
ein weißes Täubchen in den Händen
und fühlt in ihm mit süßer Lust
den sanften Frieden, den sie spenden.

Der kleine Mund, das braune Haar,
ein bunter Ball vor ihren Schuhen,
verweisen auf ein Augenpaar,
in dem verträumte Blicke ruhen…


(nach Picassos Bild)

Erich Kykal

Re: Mädchen mit Taube
« Antwort #1 am: Juli 13, 2020, 21:27:01 »
Hi Gum!

Habe das Bild und den Maler sofort erkannt, schon am Titel!  ;)

Ein schönes Bild in weichen Pastelltönen. Ob die Taube wirklich mit "süßer Lust den sanften Frieden" fühlt, sei dahingestellt - um das deuten zu können, ist mir die Mimik von Vogelphysiognomien zu ungeläufig!  ;) ;D 8) - Ach ja ... die haben ja gar keine ...  ::)

Sehr gern gelesen!  :)

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

gummibaum

Re: Mädchen mit Taube
« Antwort #2 am: Juli 13, 2020, 22:19:46 »
Schön, dass du gleich wusstest, was für ein Bild es ist, und es dir gefällt, lieber Erich. Nicht die Taube fühlt mit süßer Lust, sondern das Mädchen. Es fühlt den Frieden, den ihre Hände in der Taube erzeugen. 

« Letzte Änderung: Juli 27, 2020, 22:26:13 von gummibaum »

Erich Kykal

Re: Mädchen mit Taube
« Antwort #3 am: Juli 15, 2020, 10:31:01 »
Hi Gum!

Ja, ein schönes "Bold" ...  ;)

Die Verwirrung liegt darin begründet, dass sich das "ihm" in Z3 sowohl auf das Mädchen als auch auf das Täubchen beziehen kann.

Zudem: Wenn du schreibst, dass es die Hände sind, die sanften Frieden spenden, dann bezieht der Leser das automatisch auf die Taube, nicht auf die Besitzerin nämlicher Hände. Im Bild des "durch Hände gespendeten Friedens" ist der/das von den Händen Gehaltene stets der Empfänger des Friedens, der Eigner der Hände der Spender.

Dass der Frieden praktisch in die andere Richtung geht, erscheint als Bild am Horizont eines Lesers - zumindest in dieser Formulierung - äußerst sekundär, denke ich, wenn überhaupt ...

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Sufnus

Re: Mädchen mit Taube
« Antwort #4 am: September 21, 2020, 15:52:02 »
Wunderschön, lieber gum! Ein verträumter, federleicht schwebender Ton erfüllt diese Zeilen... ein hervorragendes Beispiel dafür, dass wahre Poesie vor allem in kurzen Gedichten beheimatet ist. :)

a.c.larin

Re: Mädchen mit Taube
« Antwort #5 am: September 21, 2020, 21:19:54 »
hallo gum,

das ist ein wunderschönes gedicht, weil da unendlich viel zärtlichkeit darin mitschwingt!
ich weiß gar nicht, was ich lieber sein wollte: die hand, die liebevoll das täubchen umschließt - oder das solcherart geborgene vögelchen!

allerdings hat mich in der erste strophe etwas verwirrt, das ich zunächst nicht klarer fassen konnte. erst durch erichs erklärung wurde es mir deutlich:  in str 1 sind mehrere gedanken gleichzeitig hineingepackt - und gehen sich in der verkürzung so nicht aus:

das mädchen hält den vogel.
der vogel fühlt sich weich an.
die weichheit stimmt das mädchen friedlich.


ich schlage daher vor:

Ein Mädchen trägt vor seiner Brust
ein weißes Täubchen in den Händen
und spürt in sich mit süßer Lust,
wie zarte Träume Frieden spenden

zuerst dachte ich, "zarte Federn", fand aber dann, das klingt nicht so toll .
aber vielleicht fällt dir noch was anderes frieden spendendes ein?

LG, larin

a.c.larin

Re: Mädchen mit Taube
« Antwort #6 am: September 22, 2020, 08:02:04 »
hallo gum,
ich nochmal(dein gedicht lässt mich nicht los)
mir ist noch eine schlussvariante eingefallen:

und spürt in sich mit süßer Lust
das Vögelchen ihm Frieden spenden.

weil es doch das Tier war, das durch berühren und halten desselben die friedensgefühle in dem mädchen ausgelöst hat.

so wärs jedenfalls klar.
lg, larin
« Letzte Änderung: September 22, 2020, 08:03:46 von a.c.larin »

gummibaum

Re: Mädchen mit Taube
« Antwort #7 am: September 22, 2020, 18:06:25 »
Danke lieber sufnus und liebe larin.

Die Irritation, liebe larin, überträgt sich leider nicht auf mich und daher sehe ich noch immer keinen Änderungsgrund.

Subjekt ist zunächst das Mädchen, von dem die Verben tragen und fühlen abhängen, dann seine Hände, die spenden. Akkusativobjekte sind das weiße (!) Täubchen und der Frieden, Dativobjekt (ihm) ist das Täubchen.

Das Täubchen könnte nur Subjekt sein, wenn hieße "es fühlt", das Mädchen nur dann Dativobjekt, wenn ich statt "ihm" "sich" geschrieben hätte.


Vielleicht bin ich ja wieder mal blind... 

Liebe Grüße von gummibaum


Sufnus

Re: Mädchen mit Taube
« Antwort #8 am: September 22, 2020, 19:06:13 »
Hi, Ihr Lieben!
Ich würde hier in der Bezügedebatte auch gum beispringen und sehe keinen Änderungsbedarf... nach meinem Sprachgefühl müsste es auch in S1Z3 "sich" statt "ihm" heißen müssen, wenn das Pronomen sich auf das Subjekt zurückbeziehen würde; "ihm" als Fürwort für eine reflexive Konstellation wäre zumindest eine sehr unbeholfene Sprachhabung :)
Ich finde es perfekt, so wie es ist... falls gum also doch noch Hand anlegt, fang ich aber mal sowas von an zu zetern... soll also niemand sagen, ich hätte nicht gewarnt...  ;D
LG!
S.