Autor Thema: Pik Ass  (Gelesen 680 mal)

Sufnus

Pik Ass
« am: M?RZ 06, 2020, 16:58:36 »
Pik Ass

Du warst in meinem Zeitspiel jene Karte,
die unbebildert die Partie gewann.
Ein Kiebitz hätte leicht von seiner Warte
verkündet, wenn das schwarze Herz fällt, kann

dies Blatt auch kein Atout zum Guten wenden,
doch saß ich lang am Tisch noch nicht allein:
Wir geben manches Glück aus unsren Händen,
um bis zum letzten Stich im Spiel zu sein.



hans beislschmidt

Re: Pik Ass
« Antwort #1 am: M?RZ 11, 2020, 14:00:59 »
Lieber Sufnus,

Es sei mir gestattet vor dem abgeräumten Liebestisch kurz auf die Form einzugehen. Das Thema ist zu bedeutsam, um den Lesefluss mit einem Enjambement zu mindern.
Der Übergang von S1 zu S2 ist so ein Beispiel, wo der Leser fast gezwungen wird mit dem Auge zurück zu scrollen, um den Kontext nicht zu verlieren. Das könnte vielleicht zeilenschlüssiger funktionieren ....

Zum Inhalt ... es entsteht in meiner Wahrnehmung das Bild zweier Liebenden, die vor dem Ende ihrer Gefühle füreinander stehen. Die zentrale Rolle des Pik Ass als Todesopfer gibt schon in der Überschrift Unheilvolles vor. Das LyIch möchte keine Fürbitte für sich selbst und ahnt die Sinnlosigkeit der Gefühlsintervention (moi même jouer atout) und opfert im Eigensinn die Beziehung.
Das mag schmerzlich sein, öffnet aber die Tür für Sancho Panza zu "Neue Katastrophen".
Gerne und mit großem Interesse gelesen. Gruß vom Hans
.


P.s. hat mir keine Ruhe gelassen und so hab ich selbst umgebaut, allerdings mit mäßigem Erfolg.

Du warst in meinem Zeitspiel jene Karte,
die unbebildert in das Spiel gestellt.
Ein Kiebitz hätte leicht von seiner Warte
verkündet, wenn das schwarze Herz auch fällt,

wird dies Blatt auch kein Atout zum Guten wenden,
xxXxxXxXxXx
doch saß ich lang am Tisch noch nicht allein:
Wir geben manches Glück aus unsren Händen,
um bis zum letzten Stich im Spiel zu sein.

Ist auch nicht optimal. V1 bleibt in den Hebungen gleich aber in V2 Z1 wirkt der Daktylus leicht sperrig. Kein Gewinn
« Letzte Änderung: M?RZ 11, 2020, 19:05:36 von hans beislschmidt »
"Lyrik braucht Straßendreck unter den Fingernägeln" (Thomas Kling)

Sufnus

Re: Pik Ass
« Antwort #2 am: M?RZ 12, 2020, 12:32:34 »
Lieber Hans,
ganz lieben Dank für die kritischen Anmerkungen - da hast Du einen interessanten Punkt aufgetan! :) Deine wirklich sehr detaillierte und konstruktive Beschäftigung mit meinen Zeilen ehrt mich sehr!
Ich denke auch, dass Enjambements ein Element in der Lyrik sind, das man nicht einfach nach Gutdünken und unreflektiert gebrauchen sollte. Dieses Mittel hat eine ziemlich starke Wirkung auf die Gedichtstruktur und sollte keineswegs rein Reimgeschuldet verwendet werden. Im Fall dieses Gedichts ist das Enjambement zumindest gefährlich nahe am reimgeschuldeten Gebrauch. Mir kam es so vor, dass die sehr starke Betonung, die dadurch auf das Wörtchen "kann" gelegt wird, ein bisschen Dynamik in die Zeilen bringt, deshalb hab ich mir das hier erlaubt... aber es ist ein debattierbarer Fall. :)
Wenn ich Gedichte laut vortrage, lese ich übrigens meistens ziemlich stark über Zeilenenden (und Strophengrenzen) hinweg, so dass dieser harte Umbruch beim Vorlesen (von mir ;) ) nicht so stark auffallen würde wie im Schriftbild.
Zu Deiner Deutung: Finde ich ganz prima! Vor allem Dein Hinweis auf die Pik-Ass-Karte als Todessymbol hat mich gefreut. Insgesamt ist das Gedicht m. E. tatsächlich eher düster - ich würde aber für mich trotzdem aus ein paar Formulierungen noch Reste von Hoffnung herauslesen wollen - aber das ist natürlich keine bindende interpretatorische Vorgabe. Ich glaube nicht, dass ein Autor bei der Deutung seiner Schreibe besondere Vorrechte besitzen sollte. Man kann dem, was der als Interpretation verzapft, vorsichtige Beachtung schenken, sollte es aber auch nicht zu ernst nehmen. :)
LG!
S.