Autor Thema: Grimmigkeit unter Gespenstlein  (Gelesen 589 mal)

Martin Römer

  • Gast
Grimmigkeit unter Gespenstlein
« am: M?RZ 04, 2020, 03:23:57 »
Ich hatte lang im Wüstenland mein Schmerzgebrülle.
Ein solches Schicksal lässt sich irdisch nicht gewichten.
Ich steige endlich in das Schiff als reine Hülle
und nichts ist mein und alles wird zum Wohl sich richten.
Hinwieder schmecke ich anheut noch einmal Gülle.


****

Frühlingsanbruch 2017
was sind da für komiker unterwegs? ah ok ilka hat das gleich entsorgt.

Wir machen Lieder und wir sterben, also bitte!
Sie sagen, nur Gestörte hätten solche Schritte.   

Indessen reichen sie den Gossen alles Gold,                                           
wie fröhlich weilt am Weltenkern der Trunkenbold.

Sie schlafen nicht in unserm rosenhaften Bett
und bringen vor dem Sterben noch das Etikett.

O Lady Anneliese lächelt nicht nur nett.           

Die Ärztin fragt nach meiner Tagesphantasie.   
Ich meine, Lena schickt doch reich in Therapie. 


Frühlingsanbruch 2020
was sind da für komiker unterwegs? ah ok ilka hat das gleich entsorgt.

Ein jammervolles Ding war deine Seinsverpfändung,
du weißt vom blauen Vöglein und der Therapie.
Was fürchtest du nach lichtumspielter Teufelsschändung, 
was fürchtest du nach hundertfacher Agonie?

Auf deinem Ritt gingst du im Winterhain verloren
und bliebst barmherzig unter Peitschen immerdar,
so harren wir an morgenfinsterlichen Toren             
und führen jauchzend dich zum heilgeschöpften Jahr.         

Wir segneten dein Wollustbad in Niedergängen 
und labten uns an Fräulein Friedrich im Chateaux
und lassen dich nach deinen Schattenbildern drängen             
und du heißt deine Seele nicht mehr recht und roh.


Sufnus

Re: Grimmigkeit unter Gespenstlein
« Antwort #1 am: M?RZ 04, 2020, 12:03:42 »
Lieber Martin! :)
Mich berührt vor allem das zweite (erratum: es ist natürlich das dritte) dieser Gedichte ("Ein jammervolles Ding") ganz besonders, vielleicht weil es stärker noch als die (ebenfalls wunderschönen) beiden anderen Gedichte auch aus seinem Kontext "entrückbar" ist und (so finde ich zumindest) sehr gut von einem Leser genossen werden kann, der von Ilka & Co. gar nichts wüsste.
Auch ein solcher, ganz uninformierter Leser wäre wohl ergriffen vom "jammervollen Ding" und dem "blauen Vöglein". Und er würde bestimmt den Aufschwung aus den tiefen Finsternissen der zweiten Strophe zum Jubelton eines Sursum Corda an deren Ende tiefbewegt mitvollziehen, um sich dann an der Überschau der dritten Strophe, der, so will mir scheinen, beinahe etwas Verschmitztes innewohnt, zu laben. Was für ein schöner Reim von Chateaux auf roh! :) Da sind wir bei Benn, wenn er "bel oiseau" auf "wo" reimt oder bei Rühmkorf und seiner Paarung von "zermartre" mit dem "Domchor von Chartres". :)
Sehr gerne gelesen! :)
S.
« Letzte Änderung: M?RZ 04, 2020, 12:40:45 von Sufnus »

Martin Römer

  • Gast
Re: Grimmigkeit unter Gespenstlein
« Antwort #2 am: M?RZ 05, 2020, 03:16:59 »
Freund, ich habe es so weit gebracht, mich sogar hier nur noch zu Geisterstunden anzumelden!
Aber im Ernst muss ich erschallen: du möchtest doch nicht ein wenig Schabernack treiben mit den lieben Geisterlein?
Vergiss nicht die Prägung von Lady Anneliese, der Unerhabenen, Heiteren und Irdischen....
Wir brauchen gar nicht allzu sehr "abzuschweifen" bei diesen letzten Liedern und Fremdes hineinzustopfen.
Aus einem tausendfachen jahrelangen kolossalen Scherbenhaufen eine Essenz herausziehen zu wollen,
das entfaltet hier und da eine heilige Kraft - ich sehe das S-Klasse Coupe in der AMG-Version -
und Ilka-Maria völlig nonchalant damit Angst einzujagen, ist meine einzige Freude.

Diese herznaive Frage: "ps.: wer ist geistlein?"....
Diese Selbstsicherheit wie eine Monstranz vom verzweifelten Hausdrachen: "und Sie sind jetzt aktenzeichenführend!".....
Ich ergötze mich jede Stunde daran.
Aber das ist ja hier gar nicht die Chose, sondern hat nur präsentierenden Charakter.

So wird dir doch nicht entgangen sein, dass am Anfang die Notiz des Seemannes steht
über eine anstehende und unheimliche Begebenheit, die schon einmal aufblühte? 
Und damals war ich als Selbst, als Knabe gespensterlich - auf ein dämonisches Geheiß vielleicht -, ein "Gespensterjunges", wenn man so will....
Schlussendlich, das hast du köstlich beschrieben, der Schlachtgesang vom erfahrenen Spukvieh aus dem fernen Schloss.

Es gelüstete mich in der Frühe, diesen Dialog zu führen.
Die riesengroße Wüste mit psychopathischen und peinvollen Elementen aller Art ist völlig hanebüchen,
wie ich rüstig mich zeige: da jubeln die Geister.
Und mag es noch so aberwitzig klingen, was fühlte ich in meiner Winzigkeit auf der Rückfahrt von dem Theater?
Die Perversen werden nicht müde, der Jammer aber wird zum weißen Licht.

Aber ein hübsches Liedchen erklang im Radio.
In diesem innerlichen Schaukeln und Segeln hätte die Wiesenfürstin mich gewiss verstanden.
Joleeeeene!


Benn war ja auch Arzt  - lauter Ärzte hier und heut!
"Sein Beruf machte ihn zum Misanthropen" - tjaja..... 
So hilf dir selbst, o Menschenkind:
ist allerort der Sang im Wind.


Sterngrüße
M.