Hi EV!
Hier nun noch meine Gedanken zu Deinem Gedicht (und darüber hinaus).
Ich schrieb schon, dass ich es *schön* finde
und das unterschreibe ich gerne nochmal!
Du fügst hier eine Auswahl schöner und starker Wörter (Feuer, Baume (Dativ-e!), glühen, Wurzel, Traume (-e!), Angesicht, Gestirnen, Gold, Göttern usw.) zu einem Klang- und Formschwelgerischen Ensemble, wobei offenkundig das Augenmerk nicht auf einer narrativen Stringenz oder dem Rüberbringen einer "Message" liegt, es ist eher eine Mediation in Sprachschönheit.
Dieser Schreibansatz hat durchaus etwas narzisstisches... aber Achtung: nicht missverstehen und böse werden: ich meine damit keineswegs, dass Du als Autor selbstverliebt seiest, keineswegs!, sondern dass der Ton des Gedichtes, das "depersonalisierte lyrische Ich", sich in sich selbst spiegelt und in seiner Schönheit versinkt, wir hier also mit einer Schönheit konfrontiert werden, die sich selbst genügt, den Leser nicht umwirbt.
Bei eben diesem Leser kann das sicher polarisieren: mancher wird sagen: was ist denn das für ein unverständliches Geschwurbel, während andere (die Mehrzahl?) sich in den Sog den Wörter begeben und das Geschriebene genießen.
Ein weiterer Aspekt Deines Schreibens scheint mir zu sein, dass Du (so kommt es mir vor) bewusst nicht allzusehr nachfeilst, überarbeitest, umbaust und variierst (das klingt auch in Deinem Kommentar zu "Im Vorübergehen" an), wahrscheinlich, um dem Risiko eines Verlusts an Unmittelbarkeit und direkter Emotion zu entgehen.
Liege ich mit dieser Analyse richtig? Falls ja, ist das auf alle Fälle ein durchaus zielführender lyrischer Ansatz, den Du da verfolgst - ich würde ihn aber immer noch weiter mit anderen Stimmen aus dem großen Kanon abgleichen. Du hast Hesse genannt, und das ist jetzt meines Erachtens gerade ein Autor, der sich dem Leser stark zuwendet, um seine Aufmerksamkeit wirbt. Ganz anders als Rilke, der eher um eine autonome Schönheit ringt. Wie ist Dein Verhältnis zu komischer Lyrik? Eine Gattung, die in besonders hohem Maße zugewandt ist und auf die Lachmuskeln des Lesers zielt. Wie sieht es mit hermetischen Gedichten aus (manches von Celan, das meiste von Aichinger, einiges vom späten Goethe)? Was ist mit den Poeten der konkreten Dinge und Mitwesen, ob nun ein Stück Seife, der Girsch oder gefüllte Champignons (Jan Wagner)? Und wie steht es um die gesellschaftlich "engagierten" Dichter (vieles von Heine, einiges von Brecht, sehr vieles von Fried usw.)?
Nunja... ein paar Gedanken, die mich jetzt sehr weit von Deinen Zeilen weggeführt haben - aber ich denke, Du bist noch auf der poetologischen Suche, insofern regen diese Aspekte Dich vielleicht an?
Falls nicht.... nichts für ungut!