Autor Thema: Urlaubsstimmung  (Gelesen 1618 mal)

Erich Kykal

Urlaubsstimmung
« am: Oktober 26, 2021, 13:31:50 »
Unter grünem Palmgefieder
leg dich in den weißen Sand,
schließe deine müden Lider
und den kreisenden Verstand.

Lass dich in den Rhythmus gleiten,
den ein Meer ans Ufer schlägt,
fühle deinen Sinn sich weiten
nach dem Traume, der ihn trägt.

Grab die Zehen in die Kühle
tief im unverbauten Strand
und erkenne die Gefühle,
die dein Dauern darin fand.

Alles regt sich und steht stille,
atmet ein und atmet aus,
und dein unerklärter Wille
gleitet in die Welt hinaus.
« Letzte Änderung: M?RZ 15, 2023, 11:19:40 von Erich Kykal »
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

gummibaum

Re: Urlaubsstimmung
« Antwort #1 am: Oktober 27, 2021, 00:22:38 »
Lieber Erich,

ein unerwartetes Thema und ein neuer Ton nach den Gedichten, die von versäumten Lebensmöglichkeiten, versiegenden Quellen und Rückzug in Tristesse sprachen.

Hier ein Wechsel der Umgebung und ein Auswechseln der Befindlichkeit: mit der Ruhe am Strand hört das gedankliche Kreisen auf, der Rhythmus des Meeres zieht ein, der Sinn nimmt die Weite eines bewusst werdenden Traumes an. Die aus den Schuhen befreiten Zehen graben im Sand und nehmen wie Wurzeln aus der Tiefe die kühle Frische auf und so entfalten sich wie Blätter neue Gefühle. Mit dem Atem wird der  Austausch zwischen Außen und Innen noch deutliche,r und der Wille eins zu sein mit allem geht in allem auf/auf alles über.

Der Titel „Urlaubsstimmung“ ist für mich erwas ambivalent, da sich diese Stimmung ja nicht nur im Urlaub, sondern öfter auch als Vorfreude darauf oder sogar nur in Wunschträumen danach einstellt.

Sehr gern gelesen und in die Stimmung eingetaucht.

Grüße von gummbaum     

Erich Kykal

Re: Urlaubsstimmung
« Antwort #2 am: Oktober 27, 2021, 00:33:08 »
Hi Gum!

Die ersten beiden Strophen habe ich mitten in der Nacht im Bett ausgedacht, als ich mal kurz mal im Dunkeln so halbwach war. Die Urlaubsszene kam mir einfach so in den Sinn, keine Ahnung woher. Schrieb nichts auf und schlief wieder ein, aber heute mittag fiel es mir wieder ein. Ich tippte die 2 Strophen gleich ins Forum und dichtete den Rest dazu.

So kann's kommen, aber wie gesagt, ich habe keinen Dunst, wo ich das hergeholt habe, wie ich drauf kam. Vielleicht ein vergessener Traum?

Jedenfalls vielen Dank für Lob und Aufschlüsselung!  :)

LG, eKy
« Letzte Änderung: Oktober 27, 2021, 10:25:53 von Erich Kykal »
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Seeräuber-Jenny

Re: Urlaubsstimmung
« Antwort #3 am: Oktober 27, 2021, 00:38:43 »
Hi Erich,

vielleicht in der Pandemie-Stimmung entstanden, wenn die Seele endlich wieder baumeln möchte? Auf jeden Fall schön, makellos.

Lieben Gruß
Jenny
Ideale sind wie Sterne. Wir erreichen sie niemals, aber wie die
Seefahrer auf dem Meer richten wir unseren Kurs nach ihnen.
Carl Schurz

Erich Kykal

Re: Urlaubsstimmung
« Antwort #4 am: Oktober 27, 2021, 00:49:46 »
Hi Jen!

"Pandemiestimmung" hatte ich nie, denn ich lebe seit Jahrzehnten mehr oder weniger bereits freiwillig in Selbstisolation. Was anderen so schrecklich abgeht, fehlt mir nicht weiter, weil ich es selbst nie pflegte, und an meiner Lebensführung hat sich eigentlich nichts geändert durch Corona. (Abgesehen vom lästigen Maskentragen ...)

Die Bikerszene (wochenendliche Sauftouren per Bike bei Gleichgesinnten mit Zeltübernachtung) hatte ich schon 10 Jahre davor aufgegeben, und sonst hatte ich so gut wie keine privaten, außerberuflichen Sozialkontakte mehr (nicht dass die beruflichen je "persönlich" gewesen wären), außer mit 2-3 Einzelpersonen (Putzfrau, Masseur, Buchverkäuferin, und 2 nähere Bekannte je ca. 3x pro Jahr). Einzige Ausnahme waren unsere Dichtertreffen bei mir.

Meine Seele baumelt seit langem schon nur mehr intern, aber da ist viel Raum ...  ;)

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Seeräuber-Jenny

Re: Urlaubsstimmung
« Antwort #5 am: Oktober 27, 2021, 01:50:54 »
Hi Erich,

du Glücklicher musst ja gar nicht in den Urlaub fahren, denn du hast die schönste Natur direkt vor deiner Haustür!

Dieses innere Baumeln lassen der Seele, das du erwähnst, habe ich auch erfahren, als ich damals im Klinikum Entspannungstraining mit Visualisierung nach Simonton machte. Als erstes versetzte ich mich immer an einen Ort der Ruhe und Kraft, den ich mir ausdachte. Als Steinbock wählte ich das Gebirge. Ich saß auf einem Berg, dem Himmel nah, mit Blick auf die weißen Gipfel, und unten glitzerte ein klarer See. Ein ebenso deutliches Bild steht mir vor Augen, wenn ich dein empfindsames Gedicht lese.

Mir macht die Pandemie zu schaffen. Während der Lockdowns im letzten Jahr habe ich zunächst den Rückzug und die Stille genossen, den Sommer auf dem Balkon, die einsamen Spaziergänge, die kostbare Zeit. Doch je länger sich die Pandemie hinzog, desto schwieriger wurde es. Zumal mein Katerchen schwer erkrankte und starb und zwei Freundinnen starben. Während der Lockdowns schien mir alles einfacher. Ich bin ein vorsichtiger Mensch, der sich an die Abstandsregeln hält, aber es ist gar nicht so einfach, sich im wieder aufgelebten Großstadtgedränge gefahrlos zu bewegen. Als Rentnerin und bedingt durch Corona habe ich den größten Teil des Jahres ziellos vor mich hingelebt, mich entweder völlig zurückgezogen oder  mit Freunden gefeiert, von denen zwar die meisten geimpft sind, aber eben nicht alle, und irgendwie bin ich der Feierei sowieso überdrüssig. Oft verspüre ich einen Groll gegen Querdenker, Impfgegner, Egoisten, all jene, die dafür verantwortlich sind, dass die Pandemie sich so lange hinzieht und immer noch viele Menschen sterben. Lange Spaziergänge sind in diesen Stimmungen die richtige Medizin. Auch Orte, an die man sich träumen kann, können Labsal für die Seele sein. In diesem Sinne ist dein Gedicht für mich ein kleiner Ort der Ruhe und Kraft. Naja, nächste Woche beginne ich eine ehrenamtliche Arbeit, und eine neue Regierung haben wir auch. Es geht also wieder bergauf.

Lieben Gruß
Jenny
« Letzte Änderung: Oktober 27, 2021, 02:27:44 von Seeräuber-Jenny »
Ideale sind wie Sterne. Wir erreichen sie niemals, aber wie die
Seefahrer auf dem Meer richten wir unseren Kurs nach ihnen.
Carl Schurz

Erich Kykal

Re: Urlaubsstimmung
« Antwort #6 am: Oktober 27, 2021, 02:02:35 »
Hi Jen!

Vielen Dank für die Blumen - es freut mich, dass ich dir einen kleinen Fluchtpunkt eröffnen konnte!  :)

Meinen schönsten Urlaub hatte ich mit Mitte 20, als ich 2x auf La Palma war, wo ich im Haus von Bekannten einmal 4 und einmal 6 Wochen kostenlos wohnen konnte. Natürlich beteiligte ich mich an den Lebenskosten und am Mietauto. Wir schnorchelten, schwammen, lagen am Strand, bereisten die ganze Insel, gingen Wandern im riesigen Einsturzkrater (Nationalparkgebiet Caldera de Taburiente) und im dicht bewaldeten Norden, waren oben beim Observatorium, umrundeten die Insel, besuchten Lokale, Hafenorte, Städte, usw...

Besagtes Haus liegt übrigens seit ein paar Wochen mitsamt dem ganzen Grundstück, auf dem es stand, unter meterhoher Lava! Es war im südlichen Teil des Ortes Todoque, der völlig zerstört wurde. Auch einen der Strände, wo wir waren, gibt es nicht mehr (playa nueva). Die Erinnerung bleibt, aber dass der Ort verschwunden ist, ist doch ein Gefühl des Verlustes irgendwie, als würde man ein Stück seines Lebens endgültig verlieren.

LG, eKy
« Letzte Änderung: Oktober 27, 2021, 10:27:08 von Erich Kykal »
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Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Seeräuber-Jenny

Re: Urlaubsstimmung
« Antwort #7 am: Oktober 27, 2021, 02:47:05 »
Hi Erich,

ein großer Teil von La Palma versinkt in Schutt und Asche. Der Vulkan will nicht zur Ruhe kommen. Ein Ende ist nicht abusehen. Die Lavamassen suchen sich immer neue Wege, die vorher noch als sicher galten.

Die Vulkanausbrüche bringen großes Leid über die Menschen und die Natur. Alle Bewohner der Kanaren bangen und hoffen.

Meine Facebook-Freundin, die in ihr Paradies La Palma auswanderte, war zunächst verschont geblieben, musste dann aber vorsorglich das Haus räumen und ist seit zwei Wochen nicht mehr zu erreichen.

Gegen die Naturgewalten sind wir machtlos.

https://www.wetter.de/cms/vulkan-cumbre-vieja-auf-la-palma-erneuter-ausbruch-erhoehte-aktivitaet-kein-ende-in-sicht-4854757.html

Lieben Gruß
Jenny
« Letzte Änderung: Oktober 27, 2021, 02:57:05 von Seeräuber-Jenny »
Ideale sind wie Sterne. Wir erreichen sie niemals, aber wie die
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Carl Schurz

Erich Kykal

Re: Urlaubsstimmung
« Antwort #8 am: Oktober 27, 2021, 10:57:33 »
Hi Jen!

Ich weiß! Ich habe seit Beginn den Ausbruch des Cumbre Viecha mitverfolgt, habe gebangt um die kleine Finka meiner damaligen Bekannten (die Frau war Architektin und hatte das Häuschen selbst entworfen), und zuerst schien es gut zu gehen, denn der Strom bog vor dem Berg von Todoque (dem südlichen von 2 alten kleinen Vulkankegeln) zur anderen (südlichen) Seite des Berges hin ab. Leider erweiterte sich die "Kurve" in den folgenden Wochen doch weit genug, um das Häuschen zu verschlingen. Später wurde daraus ein weiterer Strom Richtung Meer, sodass der Berg von Todoque nun beidseitig umflossen wird.
Im Nachhinein: Hätten sie das Dorf auf den Berghängen besagten alten Kraterhügels erbaut, gäbe es dieses noch - aber da hatten sie wohl zuviel Angst, ein Vulkan könnte genau dort wieder ausbrechen. Auch die Wasserversorgung wäre aufwändiger gewesen. Das scheute man, bedenkt man die an sich geringe Wahrscheinlichkeit, dass genau am Hang über dem eigenen Lebensbereich zeitnah ein Vulkan ausbricht.
Ich selbst hätte dort kein Haus gebaut - rundherum waren wenig ansehnliche Bananenplantagen mit Plastikabdeckung, runden veralgten Wasserbecken aus Beton und übermannshohen  billigen grauen, unverputzten Hohlziegelwänden drumherum, oder Kaktusfelder aus scharfem Gestein mit Gestrüpp, das praktisch fast unbegehbar war. Oder darüber andere Ferienhäuser (unseres war ganz unten an einem Steilhang), aber der Baugrund war wohl billig - eine ganz schmale Restparzelle mit langem, geschottertem, steilem und kurvigem Zufahrtsweg.
Da gäbe es viele landschaftlich viel schönere Stellen auf dieser Insel ...

Nun - vorbei. Meine Bekannten hatten ihren Anteil Jahre später zum Glück an ihre Miteigentümer verkauft, ein Berliner Ehepaar, das sich als sehr unangenehm herausgestellt hatte (wegen jeder Kleinigkeit Stock im Arsch). Ich habe sie nie persönlich getroffen, da sie sich mit meinen Bekannten nur dort abwechselten, aber nach dem, was ich aus Berichten weiß (und so sie korrekt sind, woran ich keinen Grund zu zweifeln habe), gönne ich diesen unleidigen Spießern, dass sie nun gar nichts mehr haben! Sie hatten meine Bekannten geradezu rausgemobbt aus ihrem Vertrag.

Tja, das sind so Geschichten aus dem Leben. Die Zeit vergeht und macht aus Dasein Erinnerung, die mit den Protagonisten verschwindet ...

LG, eKy

Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
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Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.