Hi Erich,
du Glücklicher musst ja gar nicht in den Urlaub fahren, denn du hast die schönste Natur direkt vor deiner Haustür!
Dieses innere Baumeln lassen der Seele, das du erwähnst, habe ich auch erfahren, als ich damals im Klinikum Entspannungstraining mit Visualisierung nach Simonton machte. Als erstes versetzte ich mich immer an einen Ort der Ruhe und Kraft, den ich mir ausdachte. Als Steinbock wählte ich das Gebirge. Ich saß auf einem Berg, dem Himmel nah, mit Blick auf die weißen Gipfel, und unten glitzerte ein klarer See. Ein ebenso deutliches Bild steht mir vor Augen, wenn ich dein empfindsames Gedicht lese.
Mir macht die Pandemie zu schaffen. Während der Lockdowns im letzten Jahr habe ich zunächst den Rückzug und die Stille genossen, den Sommer auf dem Balkon, die einsamen Spaziergänge, die kostbare Zeit. Doch je länger sich die Pandemie hinzog, desto schwieriger wurde es. Zumal mein Katerchen schwer erkrankte und starb und zwei Freundinnen starben. Während der Lockdowns schien mir alles einfacher. Ich bin ein vorsichtiger Mensch, der sich an die Abstandsregeln hält, aber es ist gar nicht so einfach, sich im wieder aufgelebten Großstadtgedränge gefahrlos zu bewegen. Als Rentnerin und bedingt durch Corona habe ich den größten Teil des Jahres ziellos vor mich hingelebt, mich entweder völlig zurückgezogen oder mit Freunden gefeiert, von denen zwar die meisten geimpft sind, aber eben nicht alle, und irgendwie bin ich der Feierei sowieso überdrüssig. Oft verspüre ich einen Groll gegen Querdenker, Impfgegner, Egoisten, all jene, die dafür verantwortlich sind, dass die Pandemie sich so lange hinzieht und immer noch viele Menschen sterben. Lange Spaziergänge sind in diesen Stimmungen die richtige Medizin. Auch Orte, an die man sich träumen kann, können Labsal für die Seele sein. In diesem Sinne ist dein Gedicht für mich ein kleiner Ort der Ruhe und Kraft. Naja, nächste Woche beginne ich eine ehrenamtliche Arbeit, und eine neue Regierung haben wir auch. Es geht also wieder bergauf.
Lieben Gruß
Jenny