Hi Agneta!
Vielen lieben Dank für die intensive Beschäftigung mit meinen Zeilen!
Ich bin immer total froh über zweifelnde oder kritische Anmerkungen, von Übelnehmen kann also überhaupt keine Rede sein. Und nun hast Du Deine Probleme mit den Zeilen auch noch so höflich zugewandt verpackt, dass es sich für mich wie eine intellektuelle Umarmung anfühlt und in der Tat ein Ansporn ist zu weiteren lyrischen Erkundungsgängen, um die Möglichkeiten der Sprache zu kartographieren.
Also nochmals vielen Dank!
Nebenbei bemerkt (hat jetzt nichts mit Deinen Einwänden zu tun) halte ich es so, dass ich bei einer mit polemischer Verve gerittenen Attacke (ausreichendes geistiges Niveau der Einlassungen vorausgesetzt) gleicherweise den Helm aufsetze und den Strauß gerne mitfechte... nicht erbittert, sondern aus Lust am Spiel und durchaus ganz ohne böses Blut. Aber das hat jetzt wie gesagt mit Deinen Anmerkungen nichts zu tun.
Was Deine inhaltlichen Einwände angeht, so stimme ich einerseits zu und sehe es gleichzeitig ein bisschen anders: Unter Deiner Deutung des Gedichts, als einer Art traurigem Rückblick auf eine gescheiterte Beziehung, wären Ausdrücke wie "ein Hauch von Nichts" oder "kein Teil der Welt" und die "freien Hände" irgendwie verfehlt. Tatsächlich hatte ich persönlich dieses Szenario aber überhaupt nicht im Sinn, weshalb ich doch an diesen Ausdrücken festhalten werde und sie ganz wörtlich verstanden wissen wollen würde
Deine Deutung zeigt, dass dieses Gedicht ein typisches Beispiel für das (im weitesten Sinn zu verstehende) "uneigentliche Reden" in der Lyrik ist, also die (manchen störende) Eigenart von Gedichten, die Dinge nicht bei ihrem gewohnten Namen zu nennen oder sich sogar einer klaren Ausdeutbarkeit zu verweigern, was Advokaten einer Redeweise, die "geradeheraus" und eindeutig ist, regelmäßig auf die Palme bringt.
Nun benutze ich in diesem Gedicht keine sehr "dunklen" oder gar hermetisch verschlossene Metaphern, aber es wird doch nicht so ganz klar gesagt, wer hier eigentlich als lyrisches Ich in Erscheinung tritt und was der Grund seiner etwas hilflosen Melancholie ist. Ich persönlich halte diese Eigenschaft von Gedichten für ein wesentliches Merkmal von Lyrik (wenn auch nicht so wichtig wie das spielerische Element, das für mich an erster Stelle steht). Gedichte verweigern sich damit einer dogmatischen Weltsicht, sie säen Zweifel und setzen Fragezeichen, regen zum Denken und Fühlen an und, wenn alles gut geht, fördern sie dadurch den Dialog. Insofern möchte ich jetzt auch gar nicht "auflösen", "was der Autor mit seinem Gedicht sagen wollte". Ich wollte gar nichts Eindeutiges sagen und deshalb lebe ich sehr gerne damit, ganz ohne Groll und Eifer, sondern heiter und freundlich, dass Dir diese Zeilen (völlig berechtigtersweise!) nicht ganz so zusagen.
Und ich freue mich wirklich sehr auf zukünftigen Austausch mit Dir (und natürlich auch jedem anderen hier Mitschreibenden und -lesenden).
Liebe Grüße vom
sufnösen Wiesenhüpfer