Autor Thema: Vom Hier und Dort  (Gelesen 854 mal)

Agneta

  • Gast
Vom Hier und Dort
« am: September 30, 2018, 09:12:03 »
Vom Hier und Dort (Sonett)

Und wieder höre ich das falsche Wort,
das über eure Zungen rollt wie Tran.
Es ist im Hier nicht anders als im Dort,
und in die Wunde treibt derselbe Span.

Und wieder legt sich euer falsches Lächeln
als Dunkles hinter all die Glitzerzier,
mit der ihr sucht, die Schatten fortzufächeln.
Es war im Dort nicht anders als im Hier.

Wie konnt ich glauben, dass es anders wär
in einem Hier, ganz anders als im Dort?
Die Hoffnung schreibt so manche süße Mär.
Es gibt ihn nicht auf Erden, diesen Ort.

Drum mache ich es wie der alte Bär:
Ich roll mich ein und geh gedanklich fort.

Erich Kykal

Re: Vom Hier und Dort
« Antwort #1 am: Oktober 01, 2018, 18:33:05 »
Hi Agneta!

Sprachlich schöner wäre in S1Z4 - "und in der Wunde reibt derselbe Span".


Das Sonett ist ungewöhnlich wegen des Reimschemas ABAB in den Quartetten sowie der männlichen Kadenz.

Gilt "-lächeln/-fächeln" nicht als weibliche Kadenz? In einem sonst durchgehend männlich kadenzierenden Werk auffällig.


Inhaltlich: Die "perfekten Menschen" wirst du nirgends finden (sollte das LyrIch ident sein mit der Autorin), und legt man die Messlatte allzu hoch, wird kaum je einer drüberpassen! Man muss es "menscheln" lassen können - nicht alles gleich persönlich nehmen, nicht alle gleich beim ersten Lapsus verwerfen. Ich habe derlei zur Genüge erlitten.

Also - nicht immer gleich "abwenden" und einigeln - eher sich auf positive Eigenschaften konzentrieren.

Das ist natürlich allgemein gesprochen, ohne näher zu wissen, was der Anlass war für diese Zeilen. Bei eindeutig prekärer Faktenlage (bewusstes und böswilliges Hintergehen, Verleumden, Betrügen usw...) wäre die Reaktion ja durchaus gerechtfertigt. Ich denke und hoffe bloß, dass dies nicht ALLE neuen Bekannten betrifft!


Sehr gern gelesen, weil sehr gut geschrieben!  :)

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Agneta

  • Gast
Re: Vom Hier und Dort
« Antwort #2 am: Oktober 02, 2018, 11:04:40 »
Ich danke dir, lieber Erich, für deine nachhaltigen Gedanken zu diesem Gedicht. Die Kadenz- Erdnuss ist berechtigt, doch legt der Wechsel gerade einen Akzent auf das, was uns so oft täuscht, nämlich das Lächeln. Ich versuche neuerdings, mit Kadenzen und unterschiedlichen ( aber regelmäßig) unterschiedlichen Hebungzahlen zu spielen, um das Gleichförmige zu durchbrechen.
Inhaltlich kann ich sagen, wovon das Werk inspiriert war, nämlich von der letzten Eigentümerversammlung, den Gesprächen davor und danach.
Da wir ja unser Haus verkauft haben, haben wir nun diese Erfahrung gemacht. Ich hatte es schon fast vergessen nach 30 Jahren, wie es so in großen Gruppen zugeht. Lächeln.
Wenn die Mehrheit durch eine gewisse Beschränktheit falsch spielt oder es um popelige Pöstchen geht ( in diesem Falle Verwaltungsbeirat, der aber gegen den korrupten Verwalter nicht ankommt), dann wird es schwierig, etwas zu tun. Jeder versucht einen auf seine Seite zu ziehen, da man ja neu ist... Erschreckend und abstoßend irgendwie.
Bei Einzelpersonen würde ich mich nicht einrollen, sondern die Bärenkrallen ausfahren. So kennt man mich ja auch. GGG
Nein, ich sehe es nicht allgemeingültig. Auf meinem Weg in meine "kleine Puppenstube", wie ich meine  neue Wohnung nenne, haben mich einige Menschen begleitet, völlig Fremde, aber auch gute Bekannte, ohne die ich es nicht geschafft hätte. Mein Mann war in der zeit auch noch sehr krank.Für diese Menschen richte ich am kommenden Sonntag eine kleine Dankesfeier aus mit Brunch, für den ich schon jetzt koche und backe.
Ich habe trotz meiner Erfahrungen im Leben den Glauben an den guten und ehrlichen Menschen noch nicht verloren, denn es gibt immer den ein oder anderen, wo es sich lohnt, sich auf ihn näher einzulassen.
A... aber erkenne ich sofort und für die ist dieses Werk geschrieben.
Also keine Bange. ich freu mich auf die 10, die für Sonntag zugesagt haben. Sie alle sind der Gegenpol zu diesem Werk.
Lächeln von Agneta
« Letzte Änderung: Oktober 02, 2018, 11:08:01 von Agneta »