Maß

[cyparis]

Still steigt der Nebel auf.
Der Sommer neigt sich seinem Ende.
Es will der Tag nun spät erst grüßen.
Schon liegt das bunte Laub zuhauf.
Es naht die Jahreszeitenwende.
Wie früh liegt heut die Nacht zu Füßen!

Schon macht die Schwalbe sich auf ihren Weg;
Die Sonne wird ihr allzu matt.
Der Herbst naht sich am Wiesensteg.
Die Felder liegen erntesatt.
Die Frucht verdorrt im müden Gras.

So nimmt September wieder Maß.

Die letzten bunten Falter schweben
wie zarte Blüten durch den Tag.
Noch brennt des Sommers Kraft die Reben,
doch Wildes neigt sich ohne Klag.

So nimmt September wieder Maß.

Bedächtig wird das Leben.
Es komme nun, was kommen mag.
Ringsum verändern sich die Farben,
das Dunkle wird ganz mählich lind.
Versorgt sind allerletzte Garben
und kühler grüßt der Abendwind.
Die Traube füllt mein helles Glas.

So nimmt September wieder Maß.

Letztes Blühn am Wegesrand.
Birkenhäupter werden licht.
Dunkler schimmert roter Sand.
Leerer scheint der alte Hag.
Sanfter rinnt's durchs Stundenglas.
Es komme, wie es kommen mag:

Jetzt nimmt September wieder Maß.


********

von Erich Kykal variierte Fassung der letzten Strophe:


Ein letztes Blühn am Wegesrand,
die Birkenhäupter werden licht,
und dunkler schimmert roter Sand.
Geleerter scheint der alte Hag,
und sanfter rinnt's durchs Stundenglas -
es komme, wie es kommen mag:

[Erich Kykal]

Hi Cypi!

Gefällt mir gut! Nur dass die letzte Strophe vornehmlich betonten Auftakt hat, stört für mich den runden Duktus, die sonst so weiche Sprachmelodie.

Altern.:

Ein letztes Blühn am Wegesrand,
die Birkenhäupter werden licht,
und dunkler schimmert roter Sand.
Geleerter scheint der alte Hag,
und sanfter rinnt's durchs Stundenglas -
es komme, wie es kommen mag:


S2Z1 würde ich verkürzen, sie ist eindeutig zu lang: "Die Schwalbe macht sich auf den Weg,". Und am Zeilenende Komma , nicht Strichpunkt: Die Sinneinheit des Satzes wird ja fortgeführt, die Satzteile hängen zusammen, da soll kein Strichpunkt stehen, der unterschiedliche Sinneinheiten in einem Satz trennt.

Sehr gern gelesen! 

LG, eKy

[Agneta]

ein schönes Stimmungsbild, liebe Cyparis. Der September nimmt Maß. Das klingt mit etwas negativ. Ich mag nämlich den Herbst, der zwar ein Hinwenden zum Kalten, Derben ist, aber dennoch die letzte Sanftmut in sich trägt. So hast du es ja auch gemalt.
Darum stört mich das "Maßnehmen", ich kenne es auch als "jemanden Maß nehmen", sich jemanden vornehmen kritisch, zornig.
Maß nehmen im Sinne von ausloten scheint mir hier nicht zu passen.
Vielleicht sowas wie wägt ab...?LG von Agneta

[cyparis]

Liebe Agneta -

schade, daß Du das Maßnehmen nicht positiv siehst.
durch Messen festgestellte Zahl, Größe /Grad, Ausmaß, Umfang,
u n d  das Maßnehmen des Schneiders, eine bunte Mischung aller Definitionen.
September prüft, was an Farben und Veränderungen er anbringen kann.

Ich sah all das positiv. September schaut, welche Farben jetzt passen können, ob die Palette seiner Künste bereit ist, zu malen und zu kleiden.
Das abwägen spielt auch mit hinein - klar, wie bei einem Schneider auch. Oder einem Dichter.

Hab herzlichen Dank für den Kommentar
von
Thing - mit lieben Grüßen!

[Erich Kykal]

Hmm - ich wurde wohl übersehen ... 

[cyparis]

O Schreck, laß nach!
Das habe ich wohl übersehen, obwohl ich dauernd nach Deinem Namen spähe!
Schande über und Asche auf mein Haupt!

Ich werde Deine Bearbeitung unter meinen Text stellen - jeder Leser mag für sich urteilen.

Hab wieder tausend Dank!
Von
Cypi
- immer -

PS
Vielen Dank für Dein gerne gelesen!