Fliegenklatsche

[Erich Kykal]

Warum soll ich Lebendiges erschlagen,
wenn ich mit gleicher Kraft es retten kann?
Nur allzu leicht verdammen wir, um dann
zu töten, was wir scheinbar nicht ertragen.

Ein Fensterspalt, ein wohldosiertes Regen
genügen für ein langes Fliegenleben.
Die Zeit dafür, die nehme ich mir eben -
kein noch so kleines Morden bringt mir Segen.

Belanglos sind wir alle - wie vermessen
erscheint mir allzu rasches Schiedsgericht,
das urteilt, was da leben darf, was nicht.

Wir alle sind mit gleichem Recht lebendig.
Wie sind wir dessen oftmals unverständig -
als hätten wir das Wichtigste vergessen!

[Sufnus]

Hi eKy!
Wow... man kommt bei Deinen Gedichten mit dem Lesen gar nicht hinterher!
Sehr schönes, herzerwärmendes Gedicht! Ich freue mich für jede Fliege, die bei Dir zu Besuch ist.
Bei Stubenfliegen, Spinnen, Käferchen und anderem Krabbelgetier geh ich vollkommen mit Dir mit. Bei Stechmücken verlässt mich leider die biozentristische Ader etwas... 
Grüße!
S.

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Mini-Korinthe:

wenn ich mit gleicher Kraft es retten kann?
=>
das ich mit gleichem Einsatz retten kann?

... damit könnte das m. E. ganz leicht sperrig eingeschobene "es" vermieden werden...

[Erich Kykal]

Hi Suf!

Da ergeht es mir nicht anders! Schmarotzerinsekten töte ich auch - zwar ungern, aber im Vergleich mit der möglichen Unbill, die sie verursachen (Jucken, Infektionen, Entzündungen, usw. bis hin zu potentiell tödlichen Erkrankungen), erscheint es angebracht, hier eine Ausnahme zu machen. Dies tue ich also mit Mücken (Moskitos), Gelsen, Bremsen und Zecken: Ich unterbreche, wo immer möglich, den Kreislauf ihrer Fortpflanzung! 

Stubenfliegen sind übrigens am schwersten wieder rauszukriegen - die WOLLEN ja eigentlich nicht mehr raus! Die größeren Fliegenarten, Käfer, Bienen, Wespenartige usw. - die sind heilfroh, wenn sie entkommen dürfen!

LG, eKy

[Letreo71]

Ein hübsches Gedicht, eKy. Mein Sohn und ich wir haben vorhin beim Abendbrot eine Fliege beobachtet, irgendwie putzig, dass ich jetzt deine Zeilen lese.

Lieben Gruß

Letreo

[Erich Kykal]

Hi Letreo!

Die Fliege ist in mehrerlei Hinsicht ein biomechanisches Wunderwerk! Sie gilt als evolutionär fortschrittlichstes Fluginsekt, zu unglaublichen Flugfiguren fähig (kann zB. an der Zimmerdecke "landen"), weil das 2. Flügelpaar zu kleinen klöppelartigen Gegengewichten umgeformt ist, die gegenläufig zu den Flügeln schlagen und für einen unvergleichlich gleichmäßigen und exakt steuerbaren Flug sorgen, und sie reagiert 7mal schneller als der Mensch, und all das in dieser vergleichsweise winzigen Größe!

All das einfach totzuklatschen, nur weil man als Kind "gelernt" hat, sie "eklig" zu finden, oder bloß, weil sie einem lästig sind - das ärgert mich irgendwie nicht nur vom moralischen, sondern auch vom wissenschaftlichen Standpunkt aus.

Vielen Dank für deine Zeilen! 

LG, eKy

[cyparis]

Lieber Erich,

wenn Du Deinen Mittagsschlaf gestört siehst, weil Fliegen (Stubenfliegen) Dir in Nase und Augen und auf dem Mund  landen - da wird mir meine Klatsche lieb.
Stechende hatte icg in disem Sommer erst zweimal; gegen diese Süffels gibts keine Klatsche, weil der Stich erst später brennt und beißt  .

Haben Fliegen (auch die Schmeißfliege) eine ökologische Nische?
Ja. Sie vertilgen jeglichen organischen Unrat. (Wie die rote Landschnecke auch).

Lieben surrendenden Gruß
von
Cyparis

[Erich Kykal]

Hi Cypi!

Wenn man nicht mehr so mobil ist, bleibt ja nichts anderes als die Klatsche übrig, also sei dir verziehen! 

Ich werde selten belästigt, da ich nur die fliegenvergitterten Fenster öffne. Nur mit geöffneter Eingangstür kommt ab und an etwas rein.

Gegen Mücken usw. gibt es mittlerweile sehr gute geruchlose Stecker mit erneuerbarer Munition in jedem Supermarkt.

Vielen Dank für die freundliche Rückmeldung! 

LG, eKy

[Copper]

Hallo Erich,

für mich ein Meisterwerk über gedankenloses Mückentöten. Beifall.

Ich bringe Spinnen ins Freie, sowie Bienen und Wespen usw.
Ich füttere fremde Katzen, die manchmal vor meiner Türe betteln und ich bremse beim Autofahren sogar für Menschen.
Aber wenn eine Horte Fliegen mich am Einschlafen hindert, dann werde ich zum Massenmörder.

Denn: In Bedrängnis und in Nöten lässt es sich viel leichter töten.

Ein Fliegennetz wäre wohl eine vorbeugende Maßnahme. Mein Gewissen muss nun entscheiden. Tatvereitelung durch anbringen eines Fliegennetzes, oder Durchführung eines Gewaltverbrechens. Du bringst mich in einen Gewissenskonflikt mit meiner Faulheit.

LG. Copper

[Erich Kykal]

Hi Copper!

Gut so!  - Ich nehme deinen Gewissenskonflikt mal als Kompliment für meine poetischen Fähigkeiten zur Verdichtung.

Aber mit Mücken hab ich auch kein Erbarmen - Stechinsekten im Haus sind ein Nogo! 

LG, eKy

[Sufnus]

Das Dilemma führt zu der Möglichkeit, die Spinnen doch lieber im Haus zu belassen, um eine natürliche Dezimierung der eingedrungenen Stechmücken zu gewährleisten. Alternativ bliebe natürlich die Möglichkeit einer zahmen Hausfledermaus für die nächtliche Plagegeisterjagd.

[Erich Kykal]

Ein guter Gelsenstecker tut's auch. 

LG, eKy

[Agneta]

Lieber Erich,
dein Sonett ist ein symbolhaftes, es geht  icht um die Fliege, sondern darum, zum Nachdenken anzuregen, welches "Leben mehr wert ist". Dieses Symbol könnte man beliebig fortsetzen , Tiger, Bären, die der Zivilisation zu nahe kommen.  Exotische Tiere, die für Spinner-Spezielitätenrestauratsdran glauben müssen.
Ich stimme deinem Werk also durchaus zu. Allein bei der Fliege nicht, da sie auf Aas sitzen und Würmer übertragen. Habe einmal erlebt, dass eine Fliege sowas auf ein Kaninchen gelegt hat, ich musste es einschläfern lassen-  die Würmer frasses sich von innen durch den Bauchraum, obwohl ich jeden Tag den Käfig gereinigt hatte. Diesen grauenvollen Anblick werde ich nie vergesen. seitdem hat keine Fliege in meinem Umfeld eine Chance mehr.

LG von Agneta

[Erich Kykal]

HI Agneta!

Ich meinte beides - sowohl die Fliege als Lebewesen wie auch das Symbolhafte der Gleichwertigkeit allen Lebens, unabhängig von Größe oder Intellekt.
Inkonsequent von mir, dennoch Fleisch zu essen, ich weiß - ich könnte kein Tier dafür töten, lasse aber zu, dass andere es für mich tun. Es schmeckt eben so gut ... 

Ich habe als Junge mal im Wald einen sterbenden Igel gefunden, bei dem es zwischen den Stacheln von Maden nur so wuselte! Die Stacheln schienen sich, trat man einen Schritt zurück, von alleine zu bewegen! Grausig!
Gleichzeitig werden solche Maden medizinisch verwendet, um bei Menschen Wunden zu behandeln, die von alleine nicht mehr zuheilen: Sie fressen die abgestorbenen, schwärenden Teile und ermöglichen so eine Reinigung. Schaut nicht schön aus, hilft aber unbestritten! So findet sich für fast alles auch sein Gutes, wenn man denn bereit ist, seinen Horizont zu erweitern.
Aber erlernter Ekel ist fast nicht totzukriegen. Ich bin ja auch kein Insektenfan - ich respektiere bloß das Leben an sich etwas mehr als die meisten anderen - trotz Grillsteak. Ja, pervers und inkonsequent - aber so sind wir Menschen nun einmal! 

Vielen Dank für deine Gedanken! 

LG, eKy