Autor Thema: VerÄppelt  (Gelesen 1073 mal)

Günter

VerÄppelt
« am: Februar 06, 2017, 09:09:15 »
Es war dereinst am Lagerfeuer,
wo noch Geschichten man erzählte,
die als Exempel – ausgewählte –
uns Lehren waren, lieb und teuer!

Wir lernten daraus ein Verhalten,
das sich an manchem orientiert.
Doch wer das eigne Wort verliert,
gehört nicht mehr zu diesen Alten,

die sich in Widerspruch und Fragen
dem Leben mit Erfahrung stellten.
Heut in der neusten aller Welten,
ist es als Mangel zu beklagen.

Man schickt jetzt Filmchen oder Bilder,
die irgendwer für irgendwen…
Auch ohne Sinn, das ist bequem!
Statt den Gedanken gibt es Schilder.

Setzt man sich so ins rechte Licht?
Wenn nicht, so war es nicht mein eigen,
ich wollte nur den Schwachsinn zeigen!
…denn eine Antwort gibt es nicht.
« Letzte Änderung: Februar 06, 2017, 12:50:01 von Günter »

Erich Kykal

Re: VerÄppelt
« Antwort #1 am: Februar 06, 2017, 10:17:56 »
Hi Günter!

Formidabel geschrieben, bloß die 2 unvollständigen Satzteile in S1 stören auf sprachlicher Ebene.

Altern.:

Es war dereinst am Lagerfeuer,
wo noch Geschichten man erzählte,
die als Exempel – ausgewählte –
uns Lehren waren, lieb und teuer!


Ich denke dass es so ist: Abgesehen von der Verdummung durch platte Massenmedien, wodurch die einzelnen Sprachen fortwährend simplifiziert werden, weil man nur für die Einschaltquote produziert, was zur Folge hat, dass fast alles für die niedrigst gebildeten Volksschichten gemacht ist und die niedrigsten Instinkte ansprechen soll,  ist die durch das Internet vereinte Welt immer noch ein wüstes Sammelsurium von Sprachen, Zeichen und Symbolen verschiedenster Kulturen. Um uns global verständigen zu können, musste man sich erst mal auf den kleinsten gemeinsamen Kommunikationsnenner einigen, wodurch natürlich vieles erst mal verloren geht.
In 1000 Jahren oder so, vorausgesetzt, keine Katastrophe wirft uns zurück ins Mittelalter, wird diese "Weltsprache" (höchstwahrscheinlich ein bis dann bemeistertes Englisch, angereichert durch manche lokalen Sprachreste) immer ausgefeilter und vielschichtiger werden, so wie auch den Kulturen letztlich keine Wahl bleiben wird, als sich einander anzunähern.
Was wir heute erleben, ist das - hoffentlich - letzte Aufflammen der kleingeistigen Traditionalisten, die nur national denken können, und die - mangels eigener Talente - gern die "Werte ihrer Kultur" über die aller anderen stellen, so als müssten sie schon allein deshalb mehr wert sein, bloß weil sie Teil der entsprechenden Gemeinschaft sind und gern elitär sein wollen! Trump, Putin, Erdogan oder Brexit sind die Auswüchse dieser Denkungsart im kleinen Rahmen - man könnte sie "annähernd nationalsozialistisch" nennen, was Angst um die eigene Identität, selbstüberhöhende Rassehygiene und Ausgrenzung von Minderheiten betrifft ...


Sehr gern gelesen!  :)

LG, eKy

Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Günter

Re: VerÄppelt
« Antwort #2 am: Februar 06, 2017, 12:49:31 »
Lieber Erich,
Du enttäuscht mich nicht, denn Du findest immer etwas besseres. Danke!

Auch Deine Gedanken zum Status und zur Perspektive freuen mich und sind interessant.
Ich bin allerdings nicht so optimistisch wie Du. Ich betrachte die Sprache als eine Art von Religion. Darin finden sich einige Deine Beschreibungen wieder.
Elitäres Denken spielt sicher mit hinein. Doch andererseits, was wäre die Welt ohne echte Eliten? Eliten sind gewiss kein Grund für Überlegenheitsgefühle!
Sie sind aber eingebettet in das kulturelle Umfeld. Ohne fruchtbaren Acker wachsen keine Eliten. Ohne Eliten - keinen Fortschritt. Die Sprache ist nicht nur Mittel der Verständigung, sie ist auch Grundlage des Denken und wo die Sprache verarmt, dort mag auch den Denken verarmen. Eliten sind immer nur auf kleinen Teilgebieten elitär und können eben darum auf anderen Gebieten auch leicht geblendet werden. Sprache ist auch Träger von Ideologie und damit ein Machtinstrument. "Wessen Brot ist esse, dessen Lied ich singe." Oder in der Umkehrung, wessen Sprache ich spreche, dem fühle ich mich verbunden. Auch ist perspektivisch eine Einheitssprache mit einem erheblichen Kulturverlust verbunden, denn die Vielfalt macht die Welt reich.

Herzliche Grüße
Günter

cyparis

Re: VerÄppelt Lieber Günter,
« Antwort #3 am: Februar 20, 2017, 19:31:53 »
Was dem einen die Elite, ist dem andern ein verwirrter Haufen; es kommt halt immer darauf an, wen ich im guten Sinne als elitär ansehen kann.

Kommentar und Antwort sind sehr aufschlußreich, ich darf mich artig dafür bedanken.

Freundlichen Gruß
von
Cyparis

ich muß orjentiert lesen, damits es mit der Betonung klappt. :)
Der Schönheit treu ergeben
(Lady Anne von Camster & Glencairn)
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Günter

Re: VerÄppelt
« Antwort #4 am: M?RZ 10, 2017, 08:22:03 »
Hallo Cyparis,
danke fürs Reinschauen!
Eliten, dieses Wort mag auch nicht immer richtige Verwendung finden. Wer sich selbst so versteht, dürfte es selten sein.
LG Günter