Autor Thema: Das Band der Freundschaft  (Gelesen 1028 mal)

Seeräuber-Jenny

Das Band der Freundschaft
« am: Juli 13, 2016, 00:24:22 »
Lasst uns das Band der Freundschaft binden
ganz fest und dennoch ohne Zwang.
Es wird uns fesseln lebenslang,
wird selbst den Tod noch überwinden.

Wir fürchten nicht das Älterwerden,
nicht Bitternis noch Einsamkeit,
sind doch die Freunde allezeit
für uns ein Ruhepol auf Erden.

Lasst uns das Dasein hier genießen
gemeinsam und im Übermaß
und unser Lebensglück begießen.

Wir haben jede Menge Spaß,
den lassen wir uns nicht vermiesen
von Größenwahn und Rassenhass.
« Letzte Änderung: Juli 13, 2016, 00:59:52 von Seeräuber-Jenny »
Ideale sind wie Sterne. Wir erreichen sie niemals, aber wie die
Seefahrer auf dem Meer richten wir unseren Kurs nach ihnen.
Carl Schurz

Erich Kykal

Re: Das Band der Freundschaft
« Antwort #1 am: Juli 13, 2016, 11:25:59 »
Hi, Jen!

Ein wunderbar gelungenes vierhebiges Sonett mit gemischten Kadenzen! Die Puristen kriegen einen Herzinfarkt - aber mir gefällt's!  :)

Die leichte politische Note zum Ausklang rückt die Botschaft zudem spürbar in den Fokus der derzeit grassierenden Intoleranz in allen Bereichen, egal ob religiös, kulturell oder "rassisch" - oh, wie ich das Wort hasse!

Vom religiös Verblendeten im Islam bis zu den "völkischen" Idioten hierzulande - die Dummheit stirbt nie!

Und wir im Allgemeinen haben heute bloß die Begriffe verschoben: Aus rassischer Minderwertigkeit haben wir kulturelle gemacht. So wie früher ein technisch weniger weit entwickelter "Stamm" als menschlich minderwertig galt, als entwicklungsgeschichtlich retardiert, so gebrauchen wir diese Schablone heute für ganze technisch weniger weit entwickelte Kulturen, so als machte die Widerlegbarkeit ihres überholten Welt- oder Glaubensbildes die ganze Gemeinschaft weniger menschlich, weniger toleranzwürdig.

Das größte Übel der Menschheit ist nach wie vor die Verallgemeinerung - sie erlaubt es den Stumpfsinnigen unter uns, zu pauschalieren.

Eine klare Ausnahme muss man aber für jene Strömungen machen, die sich das Missionieren auf die pathetisch geschwungenen Fahnen geschmiert haben: Wer die Welt mit Gewalt zum eigenen Machtanspruch - oder dem des eigenen Gottes - "bekehren" will, muss mit aller Härte und mit allen Möglichkeiten bekämpft werden! Solche Elemente haben keine Toleranz und kein Verständnis verdient!

Zum Glück stellen sie sich durch ihre Grausamkeiten und ihr hermetisches Weltbild selbst ins Abseits: Ihre Menschenschlächtereien sind abstoßend und widerlich, sie herrschen nur mittels Einschüchterung und Angst - und das geht nie allzu lange gut! Je rigider ihr Zugriff, desto mehr von dem, was sie festhalten wollen, schlüpft ihnen durch die Finger. Das Starre kann in einer Welt des steten Wandels nicht dauerhaft bestehen.

Dennoch darf man sie nicht gewähren lassen - schon um all der Unschuldigen willen, die unter ihrem Terror zu leiden haben. Und ob ihrer allgemein destabilisierenden Wirkung, denn sie generieren ebenso unversöhnliche und starre Gegenkräfte, die die Freiheit im Namen der "Bekämpfung des Bösen" genauso heftig und nachhaltig beschneiden. Je länger die Wahnsinnigen irgendwo obenauf sind, desto mehr Zeit haben jene Schwarz-weiß-Denker drumherum, die Welt wieder in totalitäre Systeme zu bugsieren! Wir sehen an unserer eigenen Gesellschaft gerade, was schon ein bißchen "Angst" ausmacht!

Wer sich und anderen solche Zusammenhänge nicht ständig bewusst macht, arbeitet den konservativen Kräften in die Hände, die für alles eine Schublade brauchen - wenn nötig, mit einem riesigen Schloss daran, damit man Unliebsames, das Angst macht, einfach wegsperren und ausgrenzen kann.

Wie groß dein Herz und dein Geist sind, erkennst du daran, in welchem Radius du den eigenen inneren Gartenzaun ziehst!


Sehr gern gelesen! :)

LG, eKy
« Letzte Änderung: Juli 13, 2016, 11:28:37 von Erich Kykal »
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Curd Belesos

Re: Das Band der Freundschaft
« Antwort #2 am: Dezember 07, 2016, 00:11:35 »
Liebe Jenny,

leider lese ich erst jetzt dieses gekonnte Sonett.

Gekonnt von der Form her und auch von der Wortfindung für den verdichteten Gedanken.

Der Kommi von eKy ist es wert, kopiert und verbreitet zu werden  8)

Einen Gruß von mir, zu dir, in ferne Lande.

Curd.
Nur wenn du frei bist " IF " ....dann bist du ein Mensch

Aspasia

  • Gast
Re: Das Band der Freundschaft
« Antwort #3 am: Dezember 19, 2016, 17:41:20 »
....

Ein wunderbar gelungenes vierhebiges Sonett mit gemischten Kadenzen! Die Puristen kriegen einen Herzinfarkt - aber mir gefällt's!  :)

Das größte Übel der Menschheit ist nach wie vor die Verallgemeinerung - sie erlaubt es den Stumpfsinnigen unter uns, zu pauschalieren.

Schön, dass Curd dieses Gedicht an die Oberfläche geholt hat. Es zeigt, wie einfach es sein kann, sinnvolle Gedanken ohne jede Verkünstelung in verständlichen Worten auszudrücken. Erichs Plädoyer dazu ist angesichts des allgemeinen Rechtsrucks, der sich in der gesamten Welt immer deutlicher abzeichnet, zu begrüßen. Doch bin ich nicht damit einverstanden, den Grund dafür in Gruppen paschalierender, stumpfsinniger Menschen zu suchen. Die Abwendung von den etablierten Parteien in Europa wie auch die Wahl Donald Trumps zum künftigen Präsidenten der U.S.A. wird eben nicht von einer stumpfsinnigen, oder wie es oft heißt "ungebildeten", Masse getragen, sondern von einer gut ausgebildeten Mitte. Das gibt zu denken. Bei allen Debatten, die ich in den letzten Wochen gehört habe, werden die Finger immer wieder in dieselben Wunden gelegt: Wahrheiten werden nicht mehr gesagt, sondern umschrieben, verbrämt oder kleingeredet; die Bürger haben zu den Politikern kein Vertrauen mehr; die Koordinaten für Werte, die unsere Kultur und Gesellschaft prägten, haben sich bis zur Orientierungsloskeit verschoben; Wählen zu gehen ändert nichts; der Bürger fühlt sich durch die Polizei nicht mehr geschützt (Polizei-Einsatzkommandos treten als "Anti-Konflikt-Team" auf, um Randalierer nicht zu "provozieren"); die Justiz geht mit Straftätern zu milde um, usw.

Kurz gesagt: Die Bürger fühlen sich von ihrem Staat nicht mehr vertreten. Gerade deshalb ist es der gebildete Mittelstand mit Besitzständen wie z.B. einem lukrativen Beruf oder eigenem Unternehmen, der sich neu zu orientieren sucht, denn das sind die Leute, die viel zu verlieren haben. Wenn unsere Politiker das nicht endlich begreifen, werden Parteien wie die AfD in Deutschland oder der Front National in Frankreich noch mehr Zulauf bekommen. Oder schaut nach Amerika: Die Frauen, die in der Mehrheit Donald Trump gewählt haben, waren nicht schwarze Frauen, sondern "white anglo-saxon women". Auf die Wahl 2017 in Deutschland darf man gespannt sein. Ich persönlich sehe im Augenblick nicht einen einzigen Politiker oder eine Partei, der ich meine Stimme geben könnte, und ich fürchte, so wird es den meisten Wählern gehen.