Hi Curd!
Oh, es ist durchaus autobiografisch, und was man lernen sollte loszulassen sind die Hybris der eingebildeten Überlegenheit, der falsche Stolz der Herablassung sowie das gekränkte Hassen all derer, die nie erkennen wollten, wie großartig man doch ist!
Nur zu gut weiß ich, wie leicht man in diese Falle tappt: Als Jugendlicher jahrelang gemobbt, war mir die Anerkennung der Gleichaltrigen verwehrt, was mein Selbstwertgefühl vernichtete und meine schulischen Leistungen verschlechterte, wodurch ich auch für meinen Vater zur Enttäuschung wurde.
Die einzige Möglichkeit damals für mich, nicht völlig auseinanderzufallen, war mir einzureden, dass ich in Wahrheit besser wäre als all jene, die mich mobbten, und dass sie es aus Gehässigkeit und Neid nicht anerkennen würden, um mich so noch weiter zu erniedrigen. So lernte ich, glühend zu hassen - damals wäre es mir unmöglich gewesen, zu vergeben und darüber hinaus zu wachsen - ich war in diesem Teufelskreis aus eingebildeter Erniedrigung, Wut und Hass gefangen.
Ich wäre gar nicht auf die Idee gekommen, dass es an mir liegen könnte, oder dass es ja meine Entscheidung hätte sein können, wie ernst ich jeden Tort nehme und wieviel Gewicht ich demütigenden Blicken oder Worten zukommen lasse. Ich hätte, wäre ich innerlich gesetzter gewesen, all das an mir abgleiten lassen können.
Aber wer innerlich schwach oder geschwächt ist, klammert sich lieber an den Gedanken der eigenen Überlegenheit, und dass der Rest der Welt aus Arschlöchern besteht, als an etwas zu denken, das die eigene Position womöglich noch weiter schwächt - zumindest aus meiner damaligen unreifen Weltsicht und Beurteilung menschlicher Motive, auch der eigenen.
Ich definierte mich damals noch viel zu sehr über die Meinungen, die andere von mir haben sollten - es war mir wichtig, was ich in anderer Augen darstellte, suchte und wollte Anerkennung und das, was ich für Respekt hielt. Da mir dies von jenen, deren Wohlwollen ich am meisten begehrte, verweigert wurde - warum, begriff ich damals noch nicht - steigerte ich mich immer weiter in Islolation und Abkehr hinein, bis ich mich nach Jahren der Tränen konsequent zu einem Soziopathen erzogen hatte, der sich nur noch über sich selbst definierte, weil ihm Menschen und deren Bild von ihm nichts mehr bedeuteten. Selten überkommt mich heute noch ein Gefühl allumfassender Liebe für alle Welt, ich habe nie ganz in sie zurückgefunden. Aber ich verstehe heute meine und die Motive der anderen, und dass all das unnötig gewesen wäre, wenn wir alle damals ein wenig klüger und reifer gewesen wären. Aber junge Leute sind das eben noch nicht ...
Das meist von dem, was ich mir damals antat, wusste ich rückgängig zu machen, aber eben nicht alles. Mich wirklich öffnen kann und werde ich nie wieder, und zu lieben habe ich zu gründlich verlernt. Das und meine in vielen Dingen logisch und kühl kalkulierende Art verunsichert manche Menschen und lässt sie meine Nähe meiden, oder es stößt sie ab, dass ich letztlich trotz ihres Bemühens so kalt und distanziert erscheine. Ein hermetisches Leben hat Vor- und Nachteile, und ich habe für mich damit umzugehen gelernt und meinen Frieden damit gemacht. Sooft ich mich doch um jemandes Achtung bemühte, verletzte ich irgendwie ungewollt und wurde verletzt. Es ist wohl insgesamt besser, wenn die Menschheit und ich möglichst wenige emotionale Berührungspunkte haben!
LG, eKy