Autor Thema: Ländlicher Abendschauer  (Gelesen 952 mal)

Erich Kykal

Ländlicher Abendschauer
« am: Mai 13, 2016, 18:47:13 »
Gelassen geht der laue Regen durch die Felder,
wie durch die alten Gassen einer fremden Stadt
ein stummer Weiser geht, der weiß, dass alle Welt er
in aller Städte Gassen schon gesehen hat.

Sein mildes Rauschen wächst in jenen Anbeginn
des Abendlichtes, das von fernen Horizonten
die müden Himmel hellt, die ihn verloren, ihn,
den sanften Wolkensohn, den sie nicht halten konnten.

Er gibt sich duldend hin und lässt sich leise trinken
von einer Erde, die ihn allzu gern empfing,
um wie ein Liebender im Leben zu versinken,
das durch die stille Tiefe seiner Zeugung ging.


Geschrieben 2009, heute bearbeitet.
« Letzte Änderung: Mai 13, 2016, 18:49:47 von Erich Kykal »
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

cyparis

Re: Ländlicher Abendschauer
« Antwort #1 am: Mai 14, 2016, 10:12:45 »
Lieber Erich -

wie schade, daß die Originalfassung nicht zum Vergleich dienen kann!
Möchtest Du sie nicht nachreichen?

Wie dem auch sein möge:
Vor mir steht ein Erich-Kykal-Gedicht mit dem so geliebten Wohlklang und Versen, denen ich nachspüren muß, um auch all ihre Schönheit zu entdecken und kein Wort zu versäumen.

Den Rest meines Kommentares kannst Du Dir aus allen anderen meiner Bewunderungshymnen zusammenstellen. :)

Lieben Gruß
von
Cypi
Der Schönheit treu ergeben
(Lady Anne von Camster & Glencairn)
copyright auf alle Texte

Erich Kykal

Re: Ländlicher Abendschauer
« Antwort #2 am: Mai 14, 2016, 13:35:39 »
Hi, Cypi!

Die Originalfassung findest du im Buch "Weltenwege" auf Seite 192. Es ist mir etwas peinlich, da ich damals noch ganz nach Gehör, Sprachmelodie und Bauchgefühl dichtete - und dieses Werk eine bunte Mischung aus 5- und 6-hebigen Zeilen war. Dies korrigierte ich hier nun zu durchgehend sechshebigen Versen.

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

gummibaum

Re: Ländlicher Abendschauer
« Antwort #3 am: Mai 15, 2016, 10:02:44 »
Lieber Erich,

in neuer Frische kommt dieser wunderschöne Text daher, der zwischen Himmel und Erde den (weisen) Regen fließen lässt, so dass er in seiner ruhig befruchtenden Weise ein inniges Band knüpft. Herausragend in diesem Sinne besonders die beiden letzten Verse.

Bei Regenwetter mit Freude gelesen.

Liebe Grüße
gummibaum
 
« Letzte Änderung: Mai 15, 2016, 10:07:21 von gummibaum »

cyparis

Re: Ländlicher Abendschauer
« Antwort #4 am: Mai 15, 2016, 10:46:31 »
Hi, Cypi!

Die Originalfassung findest du im Buch "Weltenwege" auf Seite 192. Es ist mir etwas peinlich, da ich damals noch ganz nach Gehör, Sprachmelodie und Bauchgefühl dichtete - und dieses Werk eine bunte Mischung aus 5- und 6-hebigen Zeilen war. Dies korrigierte ich hier nun zu durchgehend sechshebigen Versen.

LG, eKy

Peinlich?
Kann ich nicht verstehen.
Nicht jede Nivellierung ist ein Gewinn - das sage ich jetzt aber ganz allgemein, nicht speziell zu diesem Gedicht.

Fröhliche und vom Wettergott ungetrübte Pfingsten wünsch ich Dir!

Immer:
Deine Cypi
Der Schönheit treu ergeben
(Lady Anne von Camster & Glencairn)
copyright auf alle Texte

Agneta

  • Gast
Re: Ländlicher Abendschauer
« Antwort #5 am: Mai 17, 2016, 20:05:25 »
Lieber Erich, ein wundervoll poetisches Werk, eine Ode, eine leise, fast zärtliche, dem Sommerregen gewidmet, den wir hier so sehr ersehnen.
Die ersten beiden Strophen sind stark, bild- und wortgewaltig.
Die letzte wirkt mir fast, so wie es mir mal einer schrieb bei einem Sonett: "als wäre dir die Lust ausgegangen."
Besonders der Schluß ist mir nicht stark genug und sagt mir auch nicht wirklich viel:

das Leben, das durch die stille Tiefe einer Zeugung ging--- hm.  Der Regen aber ist besonders. Ja.  Er ist sanft, er ist gütig.
Aber er zeugt nicht. Er lässt wachsen, gedeihen, blühen, aber befruchten tun die Pflanzen z.B. die Bienen.
Da würde ich vielleicht noch einmal über einen dir angemessenen Schluß nachdenken.
Ansonsten sehr gerne gelesen von Agneta


« Letzte Änderung: Mai 17, 2016, 20:08:03 von Agneta »

Erich Kykal

Re: Ländlicher Abendschauer
« Antwort #6 am: Mai 17, 2016, 22:32:25 »
Hi Agneta!

Es ist keine Zeugung im exakten Sinne des Wortlauts, das ist korrekt, aber als Bild einer solchen taugt es: Der Regen "befruchtet" die Erde! Auch wenn der Samen, den er nährt, schon darinnen liegt - ohn ihn gäbe es ihn gar nicht.

Zudem ist das ein wirklich altes Gedicht - ganz umschreiben mag ich es nicht. Die Metrik zu glätten war schon genug ...

Wie etwas empfunden wird, ist subjektiv. Hier finde ich persönlich nicht, das der Text zum Ende "abfällt" - allerdings gebe ich zu, dass mir derlei durchaus hin und wieder passiert. - Wem nicht?


Vielen Dank für deine Gedanken! :)

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.