Liebe cyparis,
ja, das Gedicht ist an das Pantum, auch Pantun genannt, angelehnt, das aus Malaisia stammt. Eigentlich besteht das Pantun aus vierzeiligen Strophen im Kreuzreim, deren zweite und vierte Zeilen immer wieder aufgegriffen werden. Ich habe mich für eine dreizeilige Variante entschieden, deren erste und dritte Zeilen ich wiederhole. Ich finde diese Form sehr eindringlich und genau passend für ein so abscheuliches Verbrechen, wie es das Massaker von Glencoe war.
Nachdem sich die Clans des schottischen Hochlands der Machtergreifung durch Wilhelm von Oranien widersetzt hatten, unterwarfen sie sich nach den verlorenen Schlachten dem neuen König von England, Schottland und Irland, um in den Genuss einer Amnestie zu kommen. Alastair, der Chief des Clans MacDonald, zögerte die Ableistung des Treueeides bis zum Schluss hinaus. Nachdem er unterzeichnet hatte, ließen sich die verwandten Campbells auf eine Verschwörung ein und kündigten ihren Besuch bei den MacDonalds an, samt einem Regiment des Earl of Argyll, dass unter dem Kommando des Sir Robert Campbell of Glenlyon stand. Alastair war zwar zunächst misstrauisch, gewährte den Campbells samt den angereisten Soldaten jedoch Gastfreundschaft, wie es im Hochland Tradition war. Die Feinde verbrachten den Abend im Haus ihres Gastgebers beim Kartenspiel mit ihren ahnungslosen Opfern und nahmen noch eine Einladung zum Essen am folgenden Tag an, bevor sie schlafen gingen. Frühmorgens begann das Massaker. Alastair MacDonald wurde getötet, als er gerade aufstehen wollte, aber seine Söhne konnten fliehen, wie zunächst auch seine Frau. Insgesamt wurden 38 Männer in ihren Häusern oder während der Flucht in die Hügel ermordet. Weitere 40 Frauen und Kinder starben, da sie der winterlichen Witterung ungeschützt ausgeliefert waren, nachdem ihre Häuser niedergebrannt worden waren. Andernorts hatten einige Soldaten ihre Gastgeber gewarnt, andere zerbrachen lieber ihre Säbel, als den Befehl auszuführen. Zusätzlich zu den Soldaten, die sich in Glencoe aufhielten, standen in dieser Nacht zwei weitere Abteilungen mit jeweils 400 Mann bereit und sperrten die Fluchtwege ab. Beide Abteilungen erreichten jedoch ihre Positionen zu spät, nicht zuletzt durch den Schneesturm, der den Weg unpassierbar machte. Ebenso ist es möglich, dass sie nicht rechtzeitig ankommen wollten, um an dem Verbrechen nicht teilnehmen zu müssen. Nur wenige Angehörige des Clans MacDonald überlebten das Massaker.
1695 wurde eine Kommission eingesetzt, die die Vorfälle untersuchen sollte. Im schottischen Recht gibt es eine strafverschärfende Vorschrift, den "Mord unter Missbrauch des Vertrauens". Das Glencoe-Massaker passte eindeutig in diese Kategorie. Die folgende Untersuchung wies Parallelen zu den späteren Nürnberger Prozessen auf, in denen auch die zentrale Frage behandelt wurde, ob Verbrechen dadurch gerechtfertigt werden können, dass Befehle befolgt werden mussten. Der König sollte für das Massaker nicht zur Rechenschaft gezogen werden, die anderen Beteiligten hatten inzwischen das Land verlassen. Der Abschlussbericht der Kommission bestätigte die Unschuld des Königs und schob alle Schuld einem Staatssekretär zu. Nachdem das schottische Parlament den Kommissionsbericht zur Kenntnis genommen hatte, erklärte es die Hinrichtung der MacDonalds zum Mord und beauftragte das "Komitee für die Sicherheit des Königreichs", sich an den König zu wenden, damit dieser die für das Massaker Verantwortlichen bestrafen und gleichzeitig die überlebenden MacDonalds entschädigen sollte. Am Ende wurde niemand für das Massaker zur Rechenschaft gezogen.
https://youtu.be/0ENKR6jlzZsLieben Gruß
Seeräuber-Jenny