Autor Thema: Begegnung im Freibad  (Gelesen 1293 mal)

gummibaum

Begegnung im Freibad
« am: Juni 02, 2023, 04:25:57 »
Habe dich im Bad gesehen,
junger Hilfsschwimmmeister du,
plaudernd bei der Mutter stehen,
und es lässt mir keine Ruh.

Strich dein Blick nicht zwischen Worten
über meinen Körper hin,
hielt an den besonnten Pforten
und verwirrte dir den Sinn?

Sprachst du plötzlich nicht in Eile,
deine Pause sei vorbei,
und dass Mutter eine Weile
gut mit mir beraten sei?

Nun, ich fragte die vertraute
Freundin gern nach ihrem Sohn,
und ich merkte, etwas baute
sich zu dir hin schwellend schon.

Nachts, im Bett, bekam die Sonne,
die in meiner Haut gestaut,
deine Hände, und voll Wonne
wurde ich zu deiner Braut.

Spürte deine starken Lenden
und den sehnlichen Erguss,
wollte nur, es soll nicht enden,     
und zerfloss in dem Genuss.

Wie ich mich nach dir zerdehne
jetzt schon, muss ich dich bald sehn,
jeden Muskel, jede Sehne,
ach, du bist so jung und schön …   

 
« Letzte Änderung: Juni 03, 2023, 06:52:15 von gummibaum »

Sufnus

Re: Begegnung im Freibad
« Antwort #1 am: Juni 02, 2023, 22:04:20 »
Hi gum!
Wie bei Dir gewohnt formal untadelig gereimte... was gereimt... gesungene Verse!
Besonders ist aber der erotische Tonfall in Tateinheit mit einem wenig greifbaren lyrischen Ich. Man (oder zumindest ich) bleibt ein wenig im Unklaren darüber, wer hier vom jugendlichen Bademeisterassistenten schwärmt... ja geradezu sexuell hingerissen ist. Auch das Alter des angebeteten Jünglings ist nicht ganz sicher einzuschätzen - da von seiner Mutter die Rede ist, könnte er selbst noch (beinahe) ein halbes Kind (jedenfalls nicht volljährig) sein. Aber wer singt da in den höchsten Tönen von dem Objekt der Begierde? Ist es ebenfalls ein sehr junger Mensch? Ein Mädchen oder (was mir im Hinblick auf die Andeutung einer Ejakulation wahrscheinlicher erschiene) ein Junge? Oder ist es eine ältere Person, so dass dann die ganze Geschichte womöglich sogar etwas anrüchiger wird? Vielleicht also ein älterer Mann - ein bisschen auf den Spuren des 50-jährigen Gustav v. Aschenbach in der tragischen Entflammung für den Knaben Tadzio?
Es ist diese Unklarheit, die den Versen eine enorme Spannung verleiht! Emotional durchaus fordernde Lektüre - aber äußerst lohnenswert! :)
LG!
S.

gummibaum

Re: Begegnung im Freibad
« Antwort #2 am: Juni 04, 2023, 00:37:54 »
Danke, lieber Sufnus,

für den einfühlsamen, spekulativ das Unklare umkreisenden, Kommentar.
 
Das LI könnte auch eine Frau, die Vorgänge in der Nacht nach der Begegnung könnten phantasierte sein.

Alles Liebe
g
« Letzte Änderung: Juni 04, 2023, 02:05:26 von gummibaum »

Erich Kykal

Re: Begegnung im Freibad
« Antwort #3 am: Juni 05, 2023, 08:45:17 »
Hi Gum!

Schönes Ding, gerade in seiner unspezifischen Vagheit. Ich las eindeutig etwas vom 'Tod in Venedig' darin - das einzige Wort, das diesen Eindruck stört, ist 'Braut'.

Ein ebenfalls junger Anschmachter würde nicht von einem 'jungen Hilfsbademeister' sprechen. Ist das etwas seltsame 'Hilfsschwimmmeister' dem Takt geschuldet, oder gibt es in deiner Region diese Bezeichunung tatsächlich?

Gern gelesen!  :)

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

gummibaum

Re: Begegnung im Freibad
« Antwort #4 am: Juni 06, 2023, 03:12:46 »
Danke, lieber Erich.

Die offizielle Bezeichnung des Bäderamtes war Hilfsschwimmmeister.


Das Gedicht ist offenbar unverständlich. Eine nahe liegende Deutung ist, dass das LI ein älterer Mann ist; doch kann er schlecht „Braut“ sein. Gemeint ist eine Frau mittleren Alters, doch ist sie vielleicht aus männlicher Sicht falsch dargestellt.

Ich habe die Sprecherin hier nach einer realen Person entwickelt, von der ich fast nichts weiß.

Ich lernte sie nur flüchtig im Freibad kennen, in das sie, wie meine Mutter, häufig ging. Die beiden Frauen hatten sich angefreundet und lagen nebeneinander. Ich machte dort nach der Schulzeit einen Job als Bademeister, und begrüßte in den Pausen kurz meine Mutter.

Einmal entfernte ich mich schnell wieder, als ich merkte, dass mein Blick beim Sprechen nicht auf meine Mutter, sondern auf Stellen des Körpers ihrer Freundin gerichtet war, wo sich unter der Bikinihose „Pforten“ andeuteten.

Kurze Zeit danach wohnte und arbeitete ich im Krankenhaus und bekam mehrmals einen Anruf von dieser Frau, die unbedingt ihre Zeit mit mir verbringen wollte, wozu es aber wegen meiner Weigerung nicht kam.

Ich habe später über ihre Beobachtungen und Gefühle spekuliert, sie jetzt auf das LI projiziert und diesem auch nächtliche Phantasien (Koitus mit dem Objekt der Begierde) andichtet usw.

LG g