Autor Thema: September  (Gelesen 1476 mal)

Ylva

September
« am: April 06, 2020, 19:01:27 »
September deine warmen Tage
schimmern sanft im Sommergrün.
Ein Bild, dass ich im Herzen trage
wenn auch die letzten Vögel ziehn.

Langsam schleicht der Herbst herein,
ich habe ihn im Wald gesehen.
Dort im dunklen Tannenhain
und zwischen alten Eichen stehn.

Seine Stimme ist der Wind,
er flüstert leise in den Zweigen.
Mit jeder Stunde die verrinnt
wird er mir seine Lieder schreiben.

Und seine Augen, goldenbraun,
ruhen mild auf allem.
Mal mir deinen schönsten Traum
bevor die Farben fallen.



04.09.2016


Sufnus

Re: September
« Antwort #1 am: April 06, 2020, 20:00:18 »
Hey Ylva!
Ich bin als relativer Wiesenhalbneuling kaum forenurgesteinig genug, um Dich offiziell "begrüßen" zu können, also belass ich es bei einem freundlich-neugierigen Hallo! :)
Und von Deinem Einstandsgedicht bin ich direkt hingerissen! Wunderbar! Und lass Dich ja nicht von eKy (der ungeachtet irgendwelcher Käbbeleien mein Lieblingsdichter ist), dazu bequatschen, Hand an das Metrum zu legen - die kleinen Abweichungen finde ich in diesem Fall gerade besonders schön. :)
Nur das Sommergrün im September ist mir entweder nicht nah genug am Herbst oder nicht weit genug davon weg. Wie ein Colourblocking aus Pink und Tomatenrot ;) Wäre vom Frühlingsgrün die Rede, so schwünge (schwänge?) hier die herrliche Autonomie des Dichters mit, der "im Birnenmonat Bienen […] Maitag bei[weht]". Sommergrün im September bei insgesamt herbstlicher Stimmung ist mir etwas zu knapp vorbei, um noch ins Schwarze zu treffen... ;)
Davon ab... siehe oben... große Begeisterung!
LG!
S.
« Letzte Änderung: April 06, 2020, 20:11:28 von Sufnus »

Erich Kykal

Re: September
« Antwort #2 am: April 06, 2020, 21:22:20 »
Hi Ylva! Hi, Suf!

Erstmal: Ebenfalls willkommen, Ylva! Sufnus meint es sicher gut, vielleicht will er dich nicht gleich entmutigen (was ich ja auch nicht will), aber mal ehrlich: KLEINE Abweichungen??!

Das Original:

September deine warmen Tage
schimmern sanft im Sommergrün.
Ein Bild, dass ich im Herzen trage
wenn auch die letzten Vögel ziehn.

Langsam schleicht der Herbst herein,
ich habe ihn im Wald gesehen.
Dort im dunklen Tannenhain
und zwischen alten Eichen stehn.

Seine Stimme ist der Wind,
er flüstert leise in den Zweigen.
Mit jeder Stunde die verrinnt
wird er mir seine Lieder schreiben.

Und seine Augen, goldenbraun,
ruhen mild auf allem.
Mal mir deinen schönsten Traum
bevor die Farben fallen.


Schauen wir uns den Text mal genauer an:

Auftaktschema: ubuu - bubu - buuu - ubbu (u=unbetonter Auftakt, erste Silbe unbetont // b=betonter Auftakt, erste Silbe betont)

Wir sehen keine 2 Strophen mit gleichem Schema, bei dem beliebigen Wechsel ist von Schema gar nicht die Rede. Das macht den Vortrag rhythmisch zerworfen.

Hebungsschema: 4444 - 4444 - 4444 - 4343 (Hebungen nennt man die betonten Stellen jeder Zeile)

S4 weicht deutlich ab, vielleicht ein gewollter Effekt zur Conclusio hin.

Kadenzenschema: wmwm - mwmw - mwmw - mwmw (m=männliche (harte) Kadenz, letzte Silbe der Zeile betont // W=weibliche (weiche) K., letzte Silbe unbetont)

Die erste Str. weicht hier vom sonstigen Schema ab, also genau anders herum.

Sonstige Fehler:

S1Z1 - Komma nach "September".
S1Z3 - Hier normales "das" mit nur einem "s" - bezieht sich als Artikel auf "Bild". Komma am Zeilenende.
S2Z4 - "stehen" wäre sauberer Reim auf "gesehen".
S3Z3 - Komma nach "Stunde" und am Zeilenende.
S4Z3 - Komma am Zeilenende.

Zudem stimmen Satzstruktur und Zeichensetzung in S2 nicht überein. Damit die dortige Satzformung In Z3 korrekt ist, muss die Zeichensetzung dort so aussehen (damit das Verb "stehen" für beide Zeilen gelten kann):

Langsam schleicht der Herbst herein.
Ich habe ihn im Wald gesehen,
dort im dunklen Tannenhain
und zwischen alten Eichen stehen.


Versuch einer Version ohne Unregelmäßigkeiten und andere Lapsi:

September, deine warmen Tage,
sie schimmern sanft im Sommergrün.
Ein Bild, das ich im Herzen trage,
wenn schon die letzten Vögel ziehn.

So langsam schleicht der Herbst herein.
Ich habe ihn im Wald gesehen,
daselbst im dunklen Tannenhain
und zwischen alten Eichen stehen.

Und seine Stimme ist der Wind,
er flüstert leise in den Zweigen.
Mit jeder Stunde, die verrinnt,
wird er mir seine Lieder schreiben.

Und seine Augen, goldenbraun,
sie ruhen zärtlich mild auf allem.
Oh, mal mir deinen schönsten Traum,
bevor die letzten Farben fallen.


Man sieht, es ist eigentlich ein sehr schönes, stimmungsvolles Gedicht, wofür man dir nur gratulieren kann. Schule dein Ohr für korrekten Sprachtakt und gleichmäßge Melodie, dann bleibt mir nur, kritiklos deine Kunst zu loben!  ;)

Sehr gern gelesen und ein wenig dran gebastelt (Ich hoffe, du vergibst mir die "Frechheit", aber so übermittelt sich das Wissen am schnellsten, so du lernen möchtest)!  :)

LG, eKy
« Letzte Änderung: April 07, 2020, 10:33:41 von Erich Kykal »
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Eisenvorhang

  • Gast
Re: September
« Antwort #3 am: April 06, 2020, 22:40:39 »
Na YIva! :D  O0 >:D :D

Schön, dass Du Dich getraut hast - die Wiese ist, meiner bescheidenen Meinung nach, eins der schönsten Foren im Netz, wo es vor allem gesittet und respektvoll (!!!) zugeht.
Es wurde schon alles gesagt, ich schließe mich an und kann dir nur dazu raten von Erich zu lernen, so denn du gewillt bist!

Auch von mir ein Lob!

vlg

EV
« Letzte Änderung: April 06, 2020, 22:55:47 von Eisenvorhang »

Sufnus

Re: September
« Antwort #4 am: April 07, 2020, 13:42:53 »
Du siehst, Ylva, ich habe Dich ganz zurecht vor dem strengen eKy gewarnt! ;D
Aber sicherheitshalber nochmal, damit es auch wirklich nicht missverständlich rüberkommt: Ich bin im eKy-Fanclub und necke mich nur ganz gerne mit ihm! :)
Und unter dieser liebevollen Prämisse muss ich Meister Erich nochmals scharf widersprechen  >:D Fast alle metrischen Abweichungen in Deinem Gedicht lassen sich inhaltlich begründen und ergeben Sinn... das kann kein Zufall sein, entweder bist Du hier mit analytischem Verstand an die Sache herangegangen oder Du hast einfach einen guten Instinkt.
Im zweiten Fall, also wenn Du das mehr gefühlsmäßig geschrieben hast, lohnt es sich wirklich, Dir eKys Gegenvorschläge genau anzuschauen und ihren Sprachflow auf Dich wirken zu lassen, um auch eine andere Schreibweise einmal näher kennenzulernen. Im ersten Fall, wenn Du das eh planerisch angegangen bist, hast Du eine metrische Weiterbildung natürlich nicht mehr nötig. :)
Was ich an eKys Version übrigens kritisieren würde, wäre die zweimalige Verwendung von reinen Füllpronomen zur Angleichung des Metrums, das solltest Du Dir m. E. nicht unbedingt abschauen und eKy macht so etwas bei eigenen Dichtungen auch eigentlich nie - hier dient es ihm ja auch nur der Verdeutlichung des metrischen Schreibens. Jedenfalls in S1Z2 und S4Z2 wird jeweils das Subjekt gedoppelt durch Einfügen eines inhaltlich völlig unnötigen Personalpronomens ("Deine Tage, sie schimmern sanft"), das ist (für mich, ganz subjektiv) eher ein Behelfskonstrukt als poetisches Schreiben.
Und jetzt versuche ich mich auch an Verbesserungsvorschlägen (Zeichensetzung, Tippfehler und ein paar kleine formale Vorschläge...
Du siehst, wenn dieses auf den ersten Blick so beitragsreduzierte Forum erstmal warmläuft, gibt's kein Halten mehr!  ;D
LG!
S.


September, deine warmen Tage,
schimmern noch im letzten Grün. (ich finde immer noch, dass hier der Sommer nicht so recht hinpasst
Ein Bild, das ich im Herzen trage,
wenn auch die Vögel weiterziehn. (musste angeglichen werden, damit sich "letzten" nicht wiederholt)

Langsam schleicht der Herbst herein,
ich habe ihn im Wald gesehen.
Dort im dunklen Tannenhain
und zwischen alten Eichen stehn.

Seine Stimme ist der Wind,
Flüstersilben in den Zweigen. (ein Versuch, den Windhauch klanglich nachzuzeichnen)
Auf jede Stunde, die verrinnt, (ist für mich etwas lyrischer als "Mit jeder Stunde... ")
wird er ein leises Lied mir schreiben. ("seine Lieder" ist für mich durch den unbest. Plural etwas blass)

Und seine Augen, goldenbraun,
ruhen mild auf allem.
Mal mir deinen schönsten Traum,
bevor die Farben fallen.
« Letzte Änderung: April 07, 2020, 13:45:27 von Sufnus »

Erich Kykal

Re: September
« Antwort #5 am: April 07, 2020, 15:35:42 »
Hi Suf, Ylva!

Ich bin als musikalischer Mensch eben ein Fan des lyrischen Gleichklangs, und das bedingt eben einen klaren, strikt eingehaltenen Rhythmus. Von dem Mittel, durch Brechung dieses Taktes Effekte zu erzielen, halte ich wenig. Ich finde, ein guter Dichter vermag seine Botschaft ebenso eindringlich unter Beibehaltung des Metrums zu vermitteln.  ;) 8)

Also, wenn schon Abweichungen, dann diese wenigstens klar sequenziert und in einer nachvollziehbar reglmäßigen Abfolge. Sorry, bin eben so gestrickt ...

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Ylva

Re: September
« Antwort #6 am: April 07, 2020, 17:41:52 »
Hallo eKy,

vielen Dank für die nette Begrüßung... :)

Ich freue mich über die Anderungsvorschläge und Korrekturen...ich sortiere grade meine älteren Texte und möchte den einen oder anderen überarbeiten.
"September" ist einer davon.
Ich finde es immer wieder sehr Interessant, wie doch die Meinungen zum Schreibstil und zum Aufbau eines Gedichtes auseinandergehen. :)
Jetzt habe ich so einige Anregungen bekommen, mit denen ich gut arbeiten kann und werde meinen Text jetzt nochmal genau unter die Lupe nehmen.

LG
Ylva





Ylva

Re: September
« Antwort #7 am: April 07, 2020, 18:10:08 »
Hallo Sufnus,

vielen Dank für die nette Begrüßung... :)

Ja, ich bin eher planerisch an diesen Text gegangen, obwohl ich sehr gerne einfach "aus dem Bauch heraus" schreibe. Ich wollte den Herbst als Person, bzw als "Künstler" beschreiben.
Und ich muss ehrlich zugeben, dass ich zu Füllpronomen oft ein eher "zwiespältiges Verhältnis" habe...auch wenn sie der Metrik dienlich wären.
Wenn ich sie nicht zwingend brauche, dann lasse ich sie gerne weg. Es kommt auf den Text an. Manchmal empfinde ich sie eher als störend oder unpassend.

Und jetzt zum Sommergrün....
Es geht ja um den sanften Übergang vom Sommer in den Herbst...also wäre da das Frühlingsgrün so überhaupt nicht passend. ;D

Jetzt werde ich mich im April an meinen "September" setzten, alle Korrekturen und Vorschläge durchgehen und sehen, was dabei rauskommt... ;D

LG
Ylva
« Letzte Änderung: April 07, 2020, 18:20:40 von Ylva »

Ylva

Re: September
« Antwort #8 am: April 07, 2020, 18:18:36 »
Danke EV  ;)

Dieses Forum wird mich auf jeden Fall weiterbringen!
Du weißt ja wie wichtig mir ein respektvolles Miteinander ist...  :)

LG
Ylva