Nachbar Friedewald ist schon ziemlich alt, naja oder betagt, wie man es besser sagt.
Er gehört zu der Generation, die niemals klagt.
Und ging es ihm noch so beschissen, er ließe es Dich niemals wissen.
Er ist klug und weise, hat immer einen Rat parat, den gibt er nicht so weiter,
ohne weiteres und schon gar nicht ungefragt.
Eine kleine Story will er hören, zum Beispiel von den lieben, frechen Gören.
Mit der Ordnung nimmt er es sehr genau, das hat er von Ortrud seiner lieben Frau.
Letzten Monat war es auf einmal ganz still nebenan, wir hatten ihn nie so lange
nicht gesehen, wir fragten uns, was ist geschehen?
So erfuhren wir, dass er im Krankenhaus liegt und tapfer eine Krankheit besiegt.
Er hängt noch sehr an seinem betagten Leben, vieles will er noch erleben,
so schnell wird er sich nicht aufgeben. Bemerkenswert, mit welcher Kraft,
aber er hat es tatsächlich geschafft, er ließ die Sache einfach hinter sich,
so als gäbe es sie nicht und "alles andere" sagt er, findet sich.
Letzte Woche kam er doch tatsächlich mit einem Schaf anspaziert, ja ja dachte ich,
weil er doch immer so friert. Nee nee da hatte ich falsch gedacht, er hatte das Schaf
für seinen Rasen mitgebracht, weil ihm das Rasenmähen sehr zu schaffen macht,
dazu hat er jetzt einfach nicht mehr die Kraft.
Er stellte das Schaf ganz brav in seinen Garten und legte sich zum Mittagsschlaf.
Er schlief nicht lange heute, denn er konnte es nicht erwarten.
Man sah ihm seine Freude an, als das Schäfchen nach dem Schläfchen dann,
noch immer in seinem Garten stand. Es mähte fröhlich seinen Rasen,
machte zwischendurch mal "mäh" und tat dann wieder emsig grasen.
Nun schur er dem Schaf auch mal die Wolle, da kam daher des Metzgers Olle
und nahm ihm ab 'ne ganze Knolle. Sie filzte damit wie verrückt, die allerschönsten Pantoffeln,
im Dorf war man davon verzückt, sie waren an Schönheit unübertroffen. Ein Modetrend ließ hoffen.
Die Pantoffeln waren so begehrt, es musste dringend noch mehr Wolle her.
Das arme Schaf bald aber ganz schön fror, weil man es doch zu oft jetzt schur.
Die ganze Ortschaft stand schon in der Schlange, das alles dauerte viel zu lange.
Schließlich wurden noch mehr Schafe angeschafft, ich glaube es waren insgesamt acht.
Von nun an hieß es Schäfchen zählen, man ging in Produktion, da durfte doch nichts fehlen.
So kam es das Nachbar Friedewald, obwohl er nun schon ziemlich alt, naja oder betagt,
wie man es besser sagt, von der Generation, die niemals klagt, mit einem Schaf nur - über Nacht,
sein Schäfchen hat ins Trockene gebracht. Es ging ihm fortan nie mehr beschissen,
aber auch das ließe er dich niemals wissen.
(Für Günther)
Mein lieber Nachbar ist für immer eingeschlafen.
Ruhe in Frieden lieber Günther!