Autor Thema: Der See  (Gelesen 1244 mal)

gummibaum

Der See
« am: Juli 27, 2014, 10:11:50 »
Der See lag unberührt, er schlief
Uns war, als ob ein Vogel rief
Von einer Insel, rief er uns?
Wir zogen unsre Kleider aus
Wir gingen in den See hinaus
und schwammen ihm entgegen.
Rief er aus uns? Oh, wir bewegen
uns in den Ringen, die sich schneiden
ins Ungewisse. Zu der Insel aus uns beiden.


(aus dem Fundus)

cyparis

Re:Der See
« Antwort #1 am: Juli 27, 2014, 10:26:06 »
Hach, ist das schön!
Der Reimbruch hat hier seinen ganz besonderen Reiz.
Wie Du diesen Akt ins Hochseelensphärische verdichtest - ungewöhnlich bannend!

Bitte plündere Deinen Fundus weiterhin, lieber Gummibaum!


Herzlichen Sonntagsgruß
von
Cyparis


Der Schönheit treu ergeben
(Lady Anne von Camster & Glencairn)
copyright auf alle Texte

Seeräuber-Jenny

Re:Der See
« Antwort #2 am: Juli 27, 2014, 12:22:33 »
Lieber gummibaum,

sehr schöne und tiefgründige Zeilen!

Möglicherweise, weil ein Vogel darin vorkommt, vor allem aber wegen des Zaubers, der dem Augenblick innewohnt, und auch der ungewissen Zukunft wegen fühle ich mich an die "Terzinen über die Liebe" von Bertolt Brecht erinnert.

Uns war, als ob ein Vogel rief
Von einer Insel, rief er uns?

...


Rief er aus uns? Oh, wir bewegen
uns in den Ringen, die sich schneiden
ins Ungewisse.


Diese mystischen Zeilen gefallen mir am besten.

Hier noch ein paar Vorschläge:

Der See lag unberührt. Er schlief.
(Zwei kurze Sätze würde ich besser finden.)

Uns war, als ob ein Vogel rief
Von einer Insel. Rief er uns?

(Auch hier fände ich zwei kurze Sätze besser. Der Moment des Nachsinnens würde stärker betont.)

Wir zogen unsre Kleider aus,
Wir gingen an den See hinaus
und schwammen ihm entgegen.

Rief er aus uns? Oh, wir bewegen
("Rief er aus uns" finde ich nicht so schön. Aber das geht ja nicht anders.)

uns in den Kreisen, die sich schneiden,
(Hier muss unbedingt ein Komma hin, denn das Schneiden bezieht sich auf die "Ringe". Ansonsten könnte der Eindruck entstehen, dass die Ringe sich ins Ungewisse bewegen und nicht die beiden Menschen. "Kreise" gefiele mir persönlich besser als "Ringe", weil es philosophischer klingt.)

ins Ungewisse. Zu der Insel aus uns beiden.
"Zu der Insel aus uns beiden" -  dieser Schluss gefällt mir sehr gut!
Aber: Würde die gemeinsame Insel den beiden nicht eher Geborgenheit und Gewissheit bieten als Ungewissheit?

Lieben Gruß
Seeräuber-Jenny
« Letzte Änderung: Juli 27, 2014, 12:57:20 von Seeräuber-Jenny »
Ideale sind wie Sterne. Wir erreichen sie niemals, aber wie die
Seefahrer auf dem Meer richten wir unseren Kurs nach ihnen.
Carl Schurz

gummibaum

Re:Der See
« Antwort #3 am: Juli 27, 2014, 18:41:45 »
Hallo Cyparis,

vielen Dank. Ich stelle noch so ein altes Figuren - Gedicht ein.
 

Hallo Seeräuber-Jenny,

damals wollte ich mit den Versenden ein Stück vom Seeufer zeichnen. Klappt das noch nach den Änderungen?

LG gummibaum

Makaveli

  • Gast
Re:Der See
« Antwort #4 am: Juli 27, 2014, 21:01:35 »
Wow, das ist natürlich ein Bild, da kriegt man ja fast schon Gänsehaut... So etwas habe ich tatsächlich bisher nur hier gelesen... Darf ich fragen, wie alt das Gedicht schon ist? Ihr kennt euch ja alle scheinbar ganz gut, deshalb ist es vielleicht nicht verkehrt, auch zu versuchen, wenigstens etwaige Vorstellungen zu bekommen.

Gruß

Basti

gummibaum

Re:Der See
« Antwort #5 am: Juli 28, 2014, 05:08:22 »
Hallo Basti,

ich habe es am 1.6. 2011 geschrieben. Es geht spricht von Ereignissen und Empfindungen aus dem Sommer 1982.

LG gummibaum


Daisy

Re:Der See
« Antwort #6 am: Juli 28, 2014, 20:36:09 »
Lieber Gummibaum,

Zeile für Zeile und Vers für Vers Stimmung pur!

Eine tolle Leistung die Verse so anzuordnen, dass auch das Seeufer sichtbar wird und beides in Einklang zu bringen. Klasse!

Das gefällt mir sehr!

LG Daisy

gummibaum

Re:Der See
« Antwort #7 am: Juli 28, 2014, 22:41:00 »
Danke, liebe Daisy.
LG gummibaum