Autor Thema: Ein Rosenblütenblatt  (Gelesen 822 mal)

Erich Kykal

Ein Rosenblütenblatt
« am: August 21, 2013, 12:00:38 »
Des Welkens müde bist du, Rosenblütenblatt, gefallen,
liegst unbeweint im Gras, schon dunkel an den zarten Rändern.
So scheint in deinem Gang erfüllt, was letztlich in uns allen
an jenen letzten Schritt sich neigt, den keine Tränen ändern.

Steht fürder uns das Leben noch in prunkenden Gewändern,
die, Sommers einer Rose gleich, in Windes Wogen wallen -
ein kühler Herbst bleicht bald die Farbe aus den bunten Bändern
und lässt die Echos ihrer Schwerelosigkeit verhallen.

Und doch erscheint in diesem Blatte, langsam sich zersetzend,
ein stiller Tropfen Trost uns heilig und zutiefst empfunden,
des Sterbens heiße Wundgedanken zärtlich uns benetzend,
bis wir zuletzt davon erlöst sind und der Welt verbunden.

So haben wir in diesem Rosenbilde wohl gefunden,
was uns zutiefst bescheiden macht, die späte Blüte schätzend.
Mag sein, ein stummes Schicksal zählt bereits die letzten Stunden,
jedoch sein Dorn ist nicht so grausam mehr und so verletzend.
« Letzte Änderung: August 31, 2023, 13:33:33 von Erich Kykal »
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Daisy

Re:Ein Rosenblütenblatt
« Antwort #1 am: August 25, 2013, 18:36:08 »
Hallo Erich,

bei diesen ungewöhnlich langen Versen ist genaues, konzentriertes Lesen gefragt, um den roten Faden nicht zu verlieren!

Sehr interessant ist auch das Reimschema mit den sich je viermal wiederholenden Reimen.

Mir gefällt der Vergleich der welkenden Rose mit dem menschlichen Altern und Sterben ganz besonders gut.

Eine schöne und sehr gelungene Gegenüberstellung!  :)

LG Daisy

Erich Kykal

Re:Ein Rosenblütenblatt
« Antwort #2 am: August 26, 2013, 01:53:24 »
Hi, Dasiy!

Ich schreibe höchst selten so langzeilig, indes, in diesem Falle schien es mir angebracht, entsteht dadurch doch ein ganz eigener gravitätischer Duktus. Obwohl manche damit Schwierigkeiten zu haben scheinen, halte ich dies für eine meiner gelungeneren Arbeiten.

Vielen Dank für deine Gedanken dazu!

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

cyparis

Re:Ein Rosenblütenblatt
« Antwort #3 am: September 02, 2013, 10:50:12 »
Ach, ich schreib gar nichts mehr,
meine Bewunderung muß Dir für heute genügen.

Das Echo hätte ich in den Singular gesetzt.


Cyparis
Der Schönheit treu ergeben
(Lady Anne von Camster & Glencairn)
copyright auf alle Texte

Erich Kykal

Re:Ein Rosenblütenblatt
« Antwort #4 am: September 02, 2013, 16:50:04 »
Hi, Cypi!

"die Echos ihrer" sagt sich viel obstruktionsfreier als "das Echo ihrer", wo 2 Vokale zusammenstoßen. Dies war eine sprachmelodische Entscheidung.

Vielen Dank für dein wie immer vollmundiges Lob! :)

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.