Autor Thema: Erstickt  (Gelesen 794 mal)

gummibaum

Erstickt
« am: Dezember 28, 2020, 20:12:20 »
Ein Schrei war wach in meiner Seele.
Ich liebte dieses wilde Kind,
doch ich erstickte auf Befehle
von andern, die gehorsam sind,
es feig in zugeschnürter Kehle.

So starb mein freier Lebenswind.
Es sank der Staub auf meine Seele
und machte ihren Spiegel blind.
Mir blieb ein Grabstein, eine Stele,
die sinnlos über Totes sinnt. 
« Letzte Änderung: Dezember 29, 2020, 00:39:07 von gummibaum »

Copper

Re: Erstickt
« Antwort #1 am: Dezember 28, 2020, 22:30:35 »
Hallo Gummibaum.

sehr beeindruckend. Ein tolles Gedicht. Das Kind in einem stirbt. Bei manchen schon sehr früh. Ich kenne das. Ich habe auch durch erzieherische,  psychische Brutalität schon sehr früh meine Kindheit verloren.. Physische Brutalität müsste ich nicht durchstehen.

Dein Gedicht berührt mich.

Nebenbei bemerkt, beim ersten Wort hast du wohl einen Tippfehler.

Danke für diese Zellen. LG. Copper.


gummibaum

Re: Erstickt
« Antwort #2 am: Dezember 29, 2020, 00:43:18 »
Danke, lieber Copper

für deine freundliche Antwort, die Erläuterung des Inhalts des Gedichts durch eigene Erfahrungen und den Hinweis auf dem Tippfehler.

Beste Grüße von gumminbaum

Erich Kykal

Re: Erstickt
« Antwort #3 am: Dezember 29, 2020, 01:43:32 »
Hi Gum!

Dass es das eigene innere Kind ist, wird nicht sofort klar, da das Bild der ersten Zeile symbolhaft formuliert ist, man denkt als Leser erst an ein reales Verbrechen an einem Kind.
Besser verständlich wäre es zB, in Z2 statt "wilde" "innre" zu schreiben, oder "Seelenkind".

Was ist mit der Stele gemeint, dem Grabstein? Ein Symbol, ja, aber wofür genau? Die Gesamtheit des Bewusstseins, das nach dem Tod des Kindes übrig blieb? Ganz schlüssig und zielgenau ist dieses Bild aber nicht.

Insgesamt aber sehr gut geschrieben!

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

gummibaum

Re: Erstickt
« Antwort #4 am: Dezember 29, 2020, 13:18:12 »
Danke, lieber Erich,

du hast recht. Mit "innres" wäre es von Anfang an klar. Aber "wild" war auch wichtig als Kontrast zu gehorsam. Ich lasse es zunächst mal so.

Die Seele unter einer Staubschicht wirkt wie ein(e)/wird zu Grabstein oder Stele.

Liebe Grüße von gummibaum