Autor Thema: Dem Bach  (Gelesen 1999 mal)

gummibaum

Dem Bach
« am: Mai 23, 2013, 00:37:43 »

Deine Windungen begleiten,
über Stege hin und her
immer kreuzen dich, an weiten
tiefen Becken, wo ein Wehr
stauend quer liegt, mit dir weilen,
tief am Grund die Pflanzen sehn
und befreit dann weiter eilen,
stürzend über Felsen gehn,
Sonne fangen, fassen, spiegeln,
klar im Innern sein und licht -
das kann ich und mich entriegeln,
wenn dein Wasser zu mir spricht...

Erich Kykal

Re:Dem Bach
« Antwort #1 am: Mai 23, 2013, 08:52:08 »
Hi, gum!

Schöne, intensive Sprachbilder.

Hier muss ich zweierlei anmerken:

Z1 - Nach dem "begleiten" wird der Satz nicht logisch weitergeführt, man erwartet eine Aufklärung, wen sie wohin begleiten. Der Satz kann zwar so für sich allein stehen, aber für den folgenden Geist des Lesers bleibt er so unbefriedigend.

Z3 - "immer kreuzen dich.." dieser Satz verläuft auch unfertig, allerdings kann dieser hier - im Gegensatz zu Z1 - NICHT für sich allein so stehen. Immer kreuzen dich...wer? was? zu welchem Zwecke? Darauf gehst du im langen folgenden Satzteildschungel nicht mehr ein, der Satz bleibt unfertig.

Solltest du die Stege in Z2 gemeint haben, so hat der Satzteil einen Stellungsfehler, da der Bezug fehlt. Es müsste heißen: "...über Stege, hin und her, // die dich kreuzen, und an weiten".

Sonst keine Einwände! Sehr gern gelesen!

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

gummibaum

Re:Dem Bach
« Antwort #2 am: Mai 23, 2013, 11:25:14 »
Hallo Erich,

Auflösung nach dem Gedankenstrich:

Deine Windungen begleiten ... das kann ich...
immer kreuzen dich ... das kann ich...
mit dir weilen ... das kann ich...

und was ist die Folge von allem davon? :mich entriegeln(!), wenn (bei all diesen Begegnungen) dein Wasser zu mir spricht.

LG gummibaum

Erich Kykal

Re:Dem Bach
« Antwort #3 am: Mai 23, 2013, 20:10:10 »
Sorry, aber das erklärt für mich nichts bezüglich der unrichtigen oder unfertigen Phrase, die ich monierte. "das kann ich" ist in keinem Fall eine sinnvolle, korrekte oder zumindest sprachschöne Fortführung der betreffenden Sätze, das füllt nicht die offenen Enden...nein, für mich ist das hier sprachlich leider nicht gut gelöst. - Ist aber nur eine subjektive Meinung, kein Dogma!

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

gummibaum

Re:Dem Bach
« Antwort #4 am: Mai 23, 2013, 22:11:46 »
Hallo Erich,

ich werde korrigieren, weil ich mittlerweile glaube, dass du Recht hast. Aber ich bin momentan etwas müde. Stelle dir zum Dank erst einmal ein anderes, älteres Gedicht zum selben Thema vor. 

LG gummibaum


Der Bach

Es zieht mich fort.
Ich eile murmelnd meiner Wege.
Ich bück mich unter Brücken, Stege
und form mich neu an jedem Ort.

Mal bleib ich stehn.
Lass spielen meine kalten Lenden
mit ausgefransten Uferränden
und Mücken über mir sich drehn.

Und kommt der Sog,
dann tanz ich mit dem sonnenhellen
Antlitz der Frische über Schnellen
bergab dahin von Trog zu Trog.

Und schaff mein Bett.
Stets schleif ich mit der Brust die Steine,
führ sie mit fort an langer Leine,
als ob die Zeit kein Ende hätt.

Erich Kykal

Re:Dem Bach
« Antwort #5 am: Mai 24, 2013, 09:30:16 »
Hi, Gum!

Las ich betreits in "Stolz(e) Werke"! ;) ;D

Schönes Gedicht!

LG, eKy
« Letzte Änderung: Mai 24, 2013, 10:57:49 von Erich Kykal »
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

gummibaum

Re:Dem Bach
« Antwort #6 am: Mai 24, 2013, 09:50:23 »
Sprachlos. LG gummibaum

cyparis

Re:Dem Bach
« Antwort #7 am: Mai 25, 2013, 20:20:13 »
Lieber gummibaum!

Mit dem ersten Gedicht komme ich, obwohl ich es oft gelesen habe, nicht zurecht.
Ich werd mich nochmals bemühen.

Dahingegen ist das zweite einfach traumhaft schön!


Lieben Gruß
von
Cyparis
Der Schönheit treu ergeben
(Lady Anne von Camster & Glencairn)
copyright auf alle Texte

gummibaum

Re:Dem Bach
« Antwort #8 am: Mai 30, 2013, 11:26:15 »
Hallo Cyparis,

ich habe mich noch einmal mit dem Text beschäftigt. Vielleicht ist er jetzt verständlicher.  LG gummibaum

Dem Bach

Deine Windungen begleiten,
ist mein Spiel, dich hin und her
überspringen, dann an weiten
Becken warten, wo ein Wehr
stauend aufhält, schauend weilen,
tief am Grund die Pflanzen sehn
und befreit dann weiter eilen,
mit dir über Felsen gehn,
Sonne fangen, fassen, spiegeln,
klar im Innern sein und licht -
so wie du sein, mich entriegeln,
wenn dein Wasser zu mir spricht...


Erich Kykal

Re:Dem Bach
« Antwort #9 am: Mai 30, 2013, 14:36:57 »
Hi, Gum!

Viel besser schon!

Weitere Tipps:

Z1 - Bei "Windungen" denke ich auch an Darmschlingen, es ist kein so lyrisches Wort, finde ich. Alternative: "Deinen lichten Gang geleiten," oder "Dein Bewegtes zu begleiten"

Z5 - "stauend aufhält, schauernd" kommt auch etwas gequält rüber, fließt nicht so recht, und "schauernd" klingt eher nach Gruseln oder Frieren. Alternative: "dich beschwichtigt, träumend weilen".

Z6/8 - "sehen/gehen" würde ich unverkürzt schreiben. Der langsamere Leseduktus verträgt das, und wer möchte, kann das "e" beim Lesen ja verschlucken.

Z7 - "und befreiter weiter eilen" ist sprachmelodisch runder und lyrischer als mit dem sperrigen Füllwort "dann".


Besonders gelungen erscheinen mir die letzten 4 Zeilen: eine wundervolle Conclusio!

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

cyparis

Re:Dem Bach
« Antwort #10 am: Mai 30, 2013, 21:25:11 »
Leider bin ich in diesen Tagen aus familiären Gründen geistig nicht sehr fit.
Ich muß mich auf später vertrösten.

Ganz lieben Gruß
von
Cyparis
Der Schönheit treu ergeben
(Lady Anne von Camster & Glencairn)
copyright auf alle Texte

gummibaum

Re:Dem Bach
« Antwort #11 am: Juni 02, 2013, 12:29:46 »
Liebe Erich,

danke, dass du meinem Gedicht noch die Treue bewahrst. Ich werde deine Anregungen in Ruhe auf mich wirken lassen und evtl. nochmals den Text verändern. Ich hatte mich bei der Umschrift in einen Hund versetzt (wenngleich ohne die empfindliche Nase) und dachte, dem kann es doch Spaß machen, wenn sich der Bach windet und er den Kurven folgen muss. Seinen Sprüngen am Bach entlang ist auch eine gewisse Unruhe adäquat, wenn der wässrige Geselle am Wehr festhängt. In "schauend" hast du ein "r" hineingelesen. Alles andere später.

Hallo Cyparis,

lass dir Zeit und gönn dir Ruhe.

LG gummibaum