Autor Thema: Wolkenschauspiel  (Gelesen 1135 mal)

Ingo Baumgartner

Wolkenschauspiel
« am: Mai 22, 2013, 12:08:49 »

Zu Wolkenspielen ruft der Wind,
erwächst zum Manne aus dem Kind
und bringt vom Westen her Akteure.
Ein Tusch noch ferner Donnerchöre
eröffnet. Den Orchestergraben
besetzen krächzend Unheilsraben,
der Eumeniden schwarze Söhne. 

Das leise Wispern weicher Töne,
schwillt an zum Paukenschlaggedröhne.
Die dunklen Wolkenbänke brechen
in Teile, grelle Blitze stechen
mit Pfeilen in die Bühnenbilder
und Lüfte ändern immer wilder
der Schwaden Formen und Kontur.

Der Sturm verebbt am Schlusse, nur
versprengte Wölklein auf der Spur
zum letzten Akt. Die Raben ziehen
mit allen Furien, die fliehen.
Die Bühne taucht in tiefe Bläue,
gereingt und bereit für neue
verängstigende Himmelsdramen.


a.c.larin

Re:Wolkenschauspiel
« Antwort #1 am: Mai 22, 2013, 12:43:38 »
Wow Ingo,

wenn du wüsstest, was gestern hier los war in Wien ! (deinem gedicht nach zu schließen warst du aber selber  hier anwesend?)

oder soll das heißen, von salzburg her kommt schon wieder so ein wetter?  :o
es sieht ganz so aus, als müssten wir heuer das aprilwetter im mai nachholen.  ::)

du hast das geblitze und gedonnere geradezu wagnerianisch verdichtet und verreimt! großes kompliment!
ich stehe und staune vor diesem kunstwerk. (und hole meinen regenschirm, damit ich nicht pudelnass werde.)

bei mir ist gestern wegen das unwetters der computer abgestürzt.
ich hoffe, das wenigstens bleibt dir erspart.

liebe grüße,
larin

cyparis

Re:Wolkenschauspiel
« Antwort #2 am: Mai 22, 2013, 13:50:34 »
"Ein Trommeln ferner Donnerchöre...."


Lieber Ingo -

wieder unnachahmlich!
Das ganze Orchester ist versammelt,
eigentlich eine Beethoven-Pastorale in Worten.

Danke!

Herzlichen Gruß
von
Cyparis
Der Schönheit treu ergeben
(Lady Anne von Camster & Glencairn)
copyright auf alle Texte

Erich Kykal

Re:Wolkenschauspiel
« Antwort #3 am: Mai 22, 2013, 19:43:17 »
Hi, Ingo!

Super geschrieben! Sehr eloquente Sprachführung, lange, aber gut verständliche Sätze.

Wenn das Ende der letzten Zeile einen Reim mit der allerersten gebildet hätte - das wäre das letzte Fitzelchen Perfektion gewesen, es schlösse sozusagen den Kreis des strophenübergreifenden Reims. (Sprach der I-Dipferl-Reiter vom Dienst... ;))

Sehr gern gelesen und nix zum Meckern gefunden! Kompliment! ;D

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Daisy

Re:Wolkenschauspiel
« Antwort #4 am: Mai 22, 2013, 19:45:15 »
Hallo Ingo,

was für ein bemerkenswertes Schauspiel!

Das erinnert mich an einen Festspielbesuch vor vielen Jahren: Idomeneo in der Felsenreitschule.
Das Bühnenbild, die ganze Szenerie und die Musik waren genau so, als hätte dein Gedicht dafür als Vorlage gedient.

Ganz großartig!

LG Daisy

Ingo Baumgartner

Re:Wolkenschauspiel
« Antwort #5 am: Mai 23, 2013, 08:32:18 »
larin, cyparis, Erich, Daisy - freue mich sehr über euer Lob, ein Lob von Meistern zählt doppelt. LG Ingo