Autor Thema: Das Gesicht im anderen Wagen  (Gelesen 1272 mal)

Erich Kykal

Das Gesicht im anderen Wagen
« am: Mai 10, 2013, 19:31:42 »
Wie war mir seltsam sonderbar zumute
in der Sekunde, als dein Blick mich fing,
mit deinem Lächeln mir zu Herzen ging,
als wär's auf Erden alles einzig Gute.

Und wäre sie verströmt mit meinem Blute,
der Seele war es gleich, die an dir hing
wie ein geschmolzenes, missglücktes Ding,
und doch erfüllt dabei mit frohem Mute.

Doch lächelnd immerzu entschwand dein Leben,
vorbeigetragen wie ein Blatt im Wind.
Zu kurz, zu jäh für das einander Geben,

das Herzen fühlen, wenn sie selig sind.
Dies Leiden noch, sich drüber weg zu heben -
und ewig schlafen wie ein totes Kind...
« Letzte Änderung: Mai 11, 2013, 00:32:25 von Erich Kykal »
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Daisy

Re:Das Gesicht im anderen Wagen
« Antwort #1 am: Mai 12, 2013, 13:42:29 »
Hallo Erich,

das ist eine wundervoll romantische und wehmütige Begegnung!

Auf mich wirkt dieses herrliche Gedicht ganz intensiv und es berührt mich sehr.
Da gerate ich regelrecht ins Schwärmen.
Zum Dahinschmelzen schön!

LG Daisy

Erich Kykal

Re:Das Gesicht im anderen Wagen
« Antwort #2 am: Mai 12, 2013, 18:33:39 »
Hi, Daisy!

Dieses Sonett wurde zusammen mit "Ein Blick über die verregnete Stadt" durch die Lektüre von Kalckreuthgedichten inspiriert.

Hier der Link zum entsprechenden Faden:

http://www.lyrikern.de/viewtopic.php?f=44&t=2409

(Kann sein, dass du dort erst einen Account eröffnen musst, um in diesem Bereich für Mitglieder lesen zu können)

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

cyparis

Re:Das Gesicht im anderen Wagen
« Antwort #3 am: Mai 18, 2013, 22:44:42 »
Oh, nein -

die letzten Verse tun so weh!
Der Schönheit treu ergeben
(Lady Anne von Camster & Glencairn)
copyright auf alle Texte

a.c.larin

Re:Das Gesicht im anderen Wagen
« Antwort #4 am: Mai 19, 2013, 07:39:07 »
ja, tatsächlich eine romanze - ein blitzlicht der versäumten gelegenheit. (oder der vermeintlich versäumten
gelegenheit)

solche blicke haben wir alle schon oft aufgefangen ( und wohl auch selber ausgesandt, wer weiß?)
für mich ein grund mehr, gelegenheiten beim schopf zu packen.

dem meister des sonettes ins stammbuch geschrieben:
das leben ist zu kurz, um es zu versäumen!

lg, larin


Erich Kykal

Re:Das Gesicht im anderen Wagen
« Antwort #5 am: Mai 19, 2013, 16:51:30 »
Hi, Cypi!

Keine Sorge, liebe Cypi! Dieser Schluss ist (zumindest was mich betrifft) reine Dramatisierung - kommt "lyrischer"! ;)


Hi, Larin!

Hängt nur davon ab, wie man "versäumen" definiert: Was für den einen langweilig ist, mag dem anderen verborgene Welten erschließen! Oder wie André Heller einst sang: Die wahren Abenteuer sind im Kopf! ;)

Danke für Lob und Gedanken!

LG, eKy
« Letzte Änderung: Mai 19, 2013, 16:53:21 von Erich Kykal »
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

cyparis

Re:Das Gesicht im anderen Wagen
« Antwort #6 am: Mai 19, 2013, 17:33:09 »
Mir kam ein eigenes, sehr schlichtes Gewächs in den Kopf:

 Blick

    Sie sah mich an mit einem Blick,
    der mich in Fieberträume tauchte.
    Und dieses "Du", das sie dann hauchte,
    war nächtelang mir liebendes Geschick.

    Ihr zarter Atem: Welchen Schauer
    hat er mir als heißes Glück beschert!
    Auf ihre Hand hat Schauen sie gewährt.
    Sekunden wuchsen mir zur Endlosdauer.

Der Schönheit treu ergeben
(Lady Anne von Camster & Glencairn)
copyright auf alle Texte

Erich Kykal

Re:Das Gesicht im anderen Wagen
« Antwort #7 am: Mai 19, 2013, 20:31:04 »
Hi, Cypi!

Ein schönes Gedicht! Ein paar Kleinigkeiten:

Du beginnst mit 4 Hebern pro Zeile, unbetont beginnend. S1Z5 hat aber 5 Heber. S2Z2 beginnt betont und hat 5 Heber, die beiden letzten Zeilen beginnen zwar wieder unbetont, haben aber auch 5 Heber.

Korrektur:

Sie sah mich an mit einem Blick,
der mich in Fieberträume tauchte.
Und dieses "Du", das sie dann hauchte,
war nächtelang mein größtes Glück.

Ihr zarter Atem: Welch ein Schauer,
der mir ein heißes Glück beschert!
Im Schwung der Hand, die sie gewährt,
scheint jeder Augenblick von Dauer.

So hättest du immer 4 Heber pro Zeile, unbetont beginnend. Stell es als eigenen Faden ein - es ist gut!

LG, eKy
« Letzte Änderung: Mai 19, 2013, 20:33:14 von Erich Kykal »
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.