Spiegelschatten

[Erich Kykal]

Wir schaun vorbei am eigenen Gesichte,
wenn unser Blick an einen Spiegel streift!
Der Teil von uns, der in die Tiefe greift,
erkennt die dunkle Seite der Geschichte.

Denn abseits jener scheinbeglänzten Lichte,
die sich als unser Wesenskern begreift -
wo das Gewissen durch die Schatten schweift -
macht Wahrheit jede Illusion zunichte.

Dort schleichen wir um ungetilgte Schulden,
und aufgescheuchte Geister wissen drum.
Es ist der Ort, den wir nicht lang erdulden,

und immer zirkeln wir darum herum.
Den Spiegel aber kann man nicht belügen -
dem Selbsterkennen müssen wir uns fügen!

[Daisy]

Hallo Erich,

beinahe wäre mir dieses sensationelle Sonett entgangen!

Du verstehst es wirklich nur zu gut in den Tiefen zu schürfen und alle Unzulänglichkeiten aufzudecken.
Sehr wahr und unglaublich treffend verdichtet.
Da kann ich nur zustimmend nicken.

Gefällt mir sehr!

LG Daisy

 

[Erich Kykal]

Hi, Daisy!

Ein Gefühl, das jeder kennt, der schon mal in Depression oder Selbstekel befangen war: Man schaut im Spiegel tunlichst an sich (gemeint ist der Blick in die eigenen Augen) vorbei, um sich nicht den eigenen Dämonen stellen zu müssen.
Letztlich kann man sich natürlich nicht entkommen, aber es zeigt, wie sehr wir ungeliebte Wahrheit fürchten, und wie schwer es uns mitunter darob fällt, die eigenen Schatten zu umarmen und als Teil unserer selbst zu akzeptieren.
Dann gären diese Finsternisse und brechen sich irgendwann Bahn - nur, was wir vor uns selbst nicht verleugnen, können wir letztlich kontrollieren!

Danke für deine Gedanken!

LG, eKy