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Eulenspiegeleien / Re: Die moderne Zensur
« am: Mai 26, 2021, 12:16:54 »
Hallo ihr Lieben,
hier ist ja schon viel Richtiges angesprochen worden. Möchte nur noch zwei Aspekte aus meiner persönlichen Sicht ansprechen.
1. Es scheint eine Tendenz zu geben, Unrecht auf der sprachlichen Ebene zu "bekämpfen" statt substantiell etwas in der Realität zu verändern. So erhalten Frauen immer noch nicht denselben Lohn für die gleiche Arbeit. Das wäre für viele, gerade diejenigen in prekären Beschäftigungsverhältnissen, aber das Wesentliche.
2. Manchmal denke ich, erst wenn ich einen Menschen sehe, und die Tatsache, dass er behindert, farbig, homosexuell oder sonst in seiner sexuellen Orientierung "anders" ist, wird nicht zum entscheidenden Filter, über den ich diesen Menschen erlebe oder definiere, erst dann hat sich, unabhängig von sprachlichen Experimenten etwas verändert. Wenn ich einen farbigen Menschen sehe, und vielleicht als erstes denke, wie schlank und schön ist er (nur als Beispiel), wenn also die Hautfarbe nicht das erste und zudem ausgrenzende Kriterium ist, dann wären wir auf einem guten Weg.
Was das "Gendern" angeht, finde ich die vorgeschlagene Lösung (*Innen) auch nicht gut. Wir bräuchten sie auch nicht, wenn diese Menschen als gleichwertig zu uns gehören würden (siehe 2.) Dass wir hier aber auch sprachliche Kreativität und Weiterentwicklung brauchen, wurde mir erst klar, als ich persönlich im Gespräch war mit einem jungen Menschen. Optisch nahm ich "sie" als Frau wahr. "Sie" selbst konnte sich aber weder als Frau noch als Mann erleben. Wenn ich das respektieren will, bekomme ich sprachlich Probleme, denn "sie" wird sich nicht ernst genommen fühlen, wenn ich die anrede Frau X oder Herr X verwende. Stattdessen penetrant nur "Sie" zu sagen, kann in einer Gruppe missverständlich werden und irgendwie peinlich. "Sie" erzählte mir, dass "sie" ihre Nichten und Neffen sehr gern hat, aber sich einfach nicht gemeint fühlt, wenn "sie" als Tante angesprochen wird. Um die Kinder nicht zu verprellen, akzeptiert "sie" die Anrede als "Tante". Vielleicht finden wir ja dafür noch ganz neue sprachliche Lösungen (vielleicht "Tonke", meinte sie). Klingt etwas bizarr, aber irgendwie bräuchten wir vielleicht doch ein drittes Pronomen und eine besondere Endung für das diverse Geschlecht.
Herzliche Grüße, AlteLyrikerin.
hier ist ja schon viel Richtiges angesprochen worden. Möchte nur noch zwei Aspekte aus meiner persönlichen Sicht ansprechen.
1. Es scheint eine Tendenz zu geben, Unrecht auf der sprachlichen Ebene zu "bekämpfen" statt substantiell etwas in der Realität zu verändern. So erhalten Frauen immer noch nicht denselben Lohn für die gleiche Arbeit. Das wäre für viele, gerade diejenigen in prekären Beschäftigungsverhältnissen, aber das Wesentliche.
2. Manchmal denke ich, erst wenn ich einen Menschen sehe, und die Tatsache, dass er behindert, farbig, homosexuell oder sonst in seiner sexuellen Orientierung "anders" ist, wird nicht zum entscheidenden Filter, über den ich diesen Menschen erlebe oder definiere, erst dann hat sich, unabhängig von sprachlichen Experimenten etwas verändert. Wenn ich einen farbigen Menschen sehe, und vielleicht als erstes denke, wie schlank und schön ist er (nur als Beispiel), wenn also die Hautfarbe nicht das erste und zudem ausgrenzende Kriterium ist, dann wären wir auf einem guten Weg.
Was das "Gendern" angeht, finde ich die vorgeschlagene Lösung (*Innen) auch nicht gut. Wir bräuchten sie auch nicht, wenn diese Menschen als gleichwertig zu uns gehören würden (siehe 2.) Dass wir hier aber auch sprachliche Kreativität und Weiterentwicklung brauchen, wurde mir erst klar, als ich persönlich im Gespräch war mit einem jungen Menschen. Optisch nahm ich "sie" als Frau wahr. "Sie" selbst konnte sich aber weder als Frau noch als Mann erleben. Wenn ich das respektieren will, bekomme ich sprachlich Probleme, denn "sie" wird sich nicht ernst genommen fühlen, wenn ich die anrede Frau X oder Herr X verwende. Stattdessen penetrant nur "Sie" zu sagen, kann in einer Gruppe missverständlich werden und irgendwie peinlich. "Sie" erzählte mir, dass "sie" ihre Nichten und Neffen sehr gern hat, aber sich einfach nicht gemeint fühlt, wenn "sie" als Tante angesprochen wird. Um die Kinder nicht zu verprellen, akzeptiert "sie" die Anrede als "Tante". Vielleicht finden wir ja dafür noch ganz neue sprachliche Lösungen (vielleicht "Tonke", meinte sie). Klingt etwas bizarr, aber irgendwie bräuchten wir vielleicht doch ein drittes Pronomen und eine besondere Endung für das diverse Geschlecht.
Herzliche Grüße, AlteLyrikerin.