die Lyrik-Wiese
Blumenwiesen => Verbrannte Erde => Thema gestartet von: Erich Kykal am Juli 12, 2021, 12:22:11
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Nach erstem Begreifen, dass nichts mehr berufend dich fordert,
nach fremder Bestimmung zu dienen in bleiernem Trott,
die Stimme verstummt ist, die dich an die Mühlen beordert,
die streng dich zermahlen, als wären sie Meister und Gott -
entspannst du dein Fühlen, erblühen die freieren Tage
zu Farben, die lang die gehorsame Einsicht entbehrte,
wo willig sie schaffte, verschlossen der drängenden Frage,
ob wahr sprach die Stimme, die einst deine Jugend bekehrte
von all ihrem Drange, ihr Leben enthemmt zu genießen.
Du atmest nun freier, erlöst von bedrückenden Banden -
doch findest den Sinn nicht, die Tage an sich zu genießen,
als wärest du da noch und doch nicht mehr richtig vorhanden.
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Hi eKy!
Nach umfänglichem Lob für Dein schönes Freistadt-Lied muss ich bei "Ferien?" konstatieren, dass ich hier nicht in einen Vernüglichkeitsflow komme.
Der gnadenlos durchgezogene Amphibrachys lässt für mich den Text wie eine schlechte Übersetzung aus dem Lateinischen klingen. Das ist zwar technisch sehr sauber verarbeitet aber für mich persönlich alles andere als angenehm zu lesen. Brrrr....
Für mich sind Versmaße mit Doppelsenkungen (Daktylus, Amphibrachys und Anapäst) im Deutschen eigentlich nur bei ziemlich kurzzeiligen (und wenigstrophigen ;) ) Gedichten "schön" klingend oder aber dann, wenn das Metrum ab und an etwas durchbrochen wird, damit sich das Ganze nicht wie eine ulkige Robotersprache anhört.
Aber so sind die Geschmäcker eben unterschiedlich. :)
LG!
S.
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Hi Suf!
Die Frage ist, ob es bei einem so negativen Inhalt unbedingt schön klingen sollte.
Dieses Gedicht schrieb ich unmittelbar nach den anderen heutigen ("Zwang-Haft", Abt. Philosophisches), und da war ich offensichtlich noch so in diesem Rhythmus befangen, dass meine Dichten automatisch der gleichen Form folgte.
Dass beide Gedichte nicht zu meinen wirklich guten Werken zählen werden, erklärt sich schon daraus, dass es kene inspirierten Werke sind, sondern "brav" hinkomponiert, wie du sagst: kompetent, aber eher lustlos, ohne wahres starkes Gefühl dahinter. Lyrische Massenware ...
Beim Amphibrachys kommt es übrigens sehr darauf an, WIE man ihn liest: Bei momotoner Stimmführung stellt sich rasch der von dir monierte Leiereffekt ein (Drehorgellyrik, wie ich gern sage ....), aber mit belebter, klar modulierender Stimme vorgetragen vermag man dem Duktus doch ausreichend Lebendigkeit zu verleihen. So zumindest meine Ansicht.
Vielen Dank für deine Gedanken - klar, dass man nicht immer Topwerke abliefern kann. Manchmal geht man eben einfach ein kleines Stück "zu Fuß", um in Übung zu bleiben. ;)
LG, eKy
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Lieber Erich,
ich kann die Freude darüber, endlich Ferien zu haben und den Zweifel daran gut verstehen. Das Versmaß passt zu dem Mahlwerk.
Sehr gern gelesen.
Gruß von gummibaum
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Hi eKy!
Ich wollte Deinen Vers natürlich nicht im Bereich des objektiven ästhetischen Korridors kritisieren, sondern nur in Bezug auf meinen persönlichen Geschmack. Der selbstgestellten Poetologie wird Dein Gedicht ja voll gerecht und selbige Poetologie darf auch Anspruch auf Gültigkeit in einem objektiven Rahmen erheben. :)
Insofern würde ich Dein eigenes Urteil (sofern es nicht wieder rein subjektiven Charakter hat) schon für zu hart erachten und Deinen Text vor Dir selbst in Schutz nehmen. :)
Die Verwendung eines knallhart durchge-ixten, längerzeiligen Amphibrachys lässt sich - Du deutest es an und auch gum verweist ja darauf - durchaus mit dem Inhalt in Korrespondenz bringen. :) Erst wenn man den objektiven Rahmen verlässt und stärker persönliche Geschmacksurteile einfließen lässt, könnte man, z. B. wie ich das getan habe, sagen, dass das Gedicht durch dieses formale Programm, sagen wir mal, sperrig wird.
Dennoch würde ich niemandem das Bauen von längerzeiligen Amphibrachien als grundsätzlichen (objektiven) Fehler unter die Nase reiben wollen - das wär ja noch schöner. :) Höchstens würd ich ein bisschen freundlich rummoppern. :)
LG!
S.
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Hi Gum!
Als (Ex-)Kollege im verdienten Ruhestand (Bei mir noch maximal 8 Jahre, seufz!) weißt du ja bestens um die Problematik, erst mal "runterkommen" zu müssen, zu entkrampfen. Vielen Dank für das freundliche Beipflichten! :)
Hi Suf!
Wie es zu dieser Versform kam, habe ich ja dargelegt. Ob inhaltlich passend oder nicht, es hat sich halt so ergeben. Und sein subjektives Geschmacksempfinden nehme ich niemandem krumm. Das wandelt sich übrigens nach eigener Erfahrung, sogar basierend auf der jeweiligen Laune und vieler weiterer Parameter. Wer weiß, vielleicht gefällt es dir in einem Jahr wesntlich besser ... ;) - und wenn nicht, bricht mir auch keine Verzierung ab. Ich war mir selbst schon immer der strengste Kritiker! Also keine Sorge, kein verbaler Eiertanz nötig! ;D
LG, eKy
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hier steckt ja viel mehr drin als "Ferien". Es ist eine Abrechnung mit dem Leben, was das LI führte, in Knechtschaft der Mühlen, die mahlen als wären sie "Meister und Gott" ( sehr stark). Die verschenkte Jugend, die davon abgebracht wurde, ungehemmt ihr Leben zu genießen ( was ja laut Erich selbst bei ihm ein großes Thema ist und war. )Vielmehr fragt dieses durch dem Amphi schwer zu lesende Gedicht nach der Sinnhaftigkeit allgemein, solch ein von anderen bestimmtes Leben zu führen. Ich kann LI hier gut verstehen. Ich führte ja ein anderes.
Der Amphi, der einem schlecht von den Lippen geht, wäre hier ein Stilmittel. Ein Bruch zu den Ferien, wo man Galant und Dahinfließend erwartet.
Nachdenklich machende Zeilen, Erich.
LG von Agneta
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Hi Agneta!
Ja durchaus, das hat Sufnus schon moniert - durch den Amphibrachys erinnert das Werk an den monotonen Leiergesang der klassischen griechischen Tragödie. Mittels belebter Sprachmodulation kann man dem entgegenwirken, aber der "Rhythmus" ist extrem stark. Ich verwende diese Versform selten.
Vielen Dank für deine freundlichen Zeilen! :)
LG, eKy