die Lyrik-Wiese
Blumenwiesen => Drum Ehrlichkeit und Edelweiß => Thema gestartet von: Erich Kykal am April 05, 2018, 20:03:40
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Ein Weniges herbeizusehnen,
noch unbenutzt von müden Sinnen,
die schmale Zeit daran zu dehnen -
was anders bleibt noch zu gewinnen,
wenn wir an späten Jahren lehnen,
bewusster spürend, dass sie enden?
Ein Weniges, belebensmüde
der nackten Hoffnung abgerungen,
der letzten Zuversicht, die prüde
sich bleiern spannt um welke Lungen,
aus denen jede Attitüde
entwich wie jede Lust aus Lenden.
Ein Weniges, das herzentlegen
noch auftut, was die Jahre schlossen,
noch fühlen macht, was wie ein Segen
in klamme Seelen ward gegossen
aus zarten Bildern, die erregen -
ein Weniges … zu treuen Händen.
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Lieber Erich,
die Wunsch danach, im Alter wenigstens noch kleine Freuden zu erleben, ist sehr schön ausgedückt. Prüde und bleiern hätte ich nicht zusammengespannt.
Sehr gern gelesen.
LG g
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Lieber Erich -
"Ein Weniges herbeizusehnen,
noch unbenutzt von müden Sinnen,
die schmale Zeit daran zu dehnen -
was anders bleibt noch zu gewinnen,
wenn wir an späten Jahren lehnen,
bewusster spürend, dass sie enden?
Ein Weniges, belebensmüde
der nackten Hoffnung abgerungen,
der letzten Zuversicht, die prüde
sich bleiern spannt um welke Lungen,
aus denen jede Attitüde
entwich - wie jede Lust aus Lenden.
Ein Weniges, das herzentlegen
noch auftut, was die Jahre schlossen,
noch fühlen macht, was wie ein Segen
in klamme Seelen ward gegossen
aus zarten Bildern, die erregen -
ein Weniges … zu treuen Händen."
Was ich hervorgehoben habe (Fettdruck), sind betörende Stellen in einem wunderlich vertrauten Gedicht.
Aber trotz allem vermagst Du es in meinen Augen nicht, altersweise zu tönen.
Da ich Dich kennenlernen durfte, klingen die Verse beinahe wie Koketterie.
Aber Du selbst hast ja betont, daß ich Dich nicht i m m e r hinter den Versen zu vermuten habe.
Ich habe mich sofort in das Gedicht verliebt.
Und ich habe es nicht nur dreimal gelesen!
Und sehe doch Dein Gesicht hinter den Versen auftauchen.
hab Dank und laß Dich grüßen
von
Cyparis
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Hi Gum, Cypi!
Schon vor vielen Jahren habe ich aus Beobachtungen und eigenen Erfahrungen diese Erkenntnis gezogen: Je geringer die Wahrscheinlichkeit wird, noch lange zu leben, desto intensiver klammern wir uns ans Sein, versuchen es bewusster auszukosten und zu erleben.
Man sagt zwar, das man irgendwann gerne geht, wenn die Schmerzen und Schwächen zu übermächtig werden, wenn das Leben zu mühselig wird, aber ich gebe dir recht, Cypi: Diese Attitüde gelassener weiser Akzeptanz ist nur schwer dauerhaft aufrecht zu erhalten!
Nehmt das Gedicht als eine Momentaufnahme einer Stimmung.
LG, eKy